Städtereisen

Brünn – ein lohnendes Städteziel

Ist der Brünner Drache tatsächlich ein schrecklicher Lindwurm oder doch ein Krokodil? Diese Frage und warum Brünn eine Reise wert ist versucht dieser Beitrag zu klären. Brünn ist mit ca. 400.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt Tschechiens, Zentrum der südlichen historischen Region Mähren, eine lebendige Studentenstadt mit 60.000 Studenten und ein architektonisches Kleinod, nicht nur in der Altstadt. 

2025. Diesen Beitrag gibt es hier auch zum Hören (Podcast – MP3): folgt.

 

Anreise.

1. Tag 8:16 Uhr: Zugegeben, die Anreise ist etwas umständlich und führt nur über Prag oder Wien. Wir haben uns für die Bahn über Wien entschieden. Die Fahrt dauert mit dem Railjet im besten Fall um die sechs Stunden.

Railjet

Bei uns bummelt der der Schnellzug der ÖBB jedoch auf der Strecke München – Salzburg derart, dass die Anschlusszüge nicht zu erreichen sind.

Brünn - Hauptbahnhof

Gegen 16:30 Uhr stehen wir dann doch im schönen Jugendstilbahnhof von Brünn. Er besteht aus einer Haupthalle mit zwei Flügeln und wurde als wichtiger Bahnhof der Wiener Nordbahn in den Jahren 1902 bis 1905 errichtet.

Grandhotel Brünn

Wegen der Nähe zum Bahnhof und der Lage am Rand der Altstadt haben wir uns für das Grandhotel Brno entschieden. Das Gebäude wurde zwischen 1868 und 1870 im Stil der Neorenaissance errichtet. Das Hotel existiert bereits seit 150 Jahren,

Grandhotel Brünn - deLuxe Room

heute verfügt es über 115 Zimmer, die vor kurzem vorbildlich renoviert wurden. Eine Klimaanlage und Schallschutzfenster gehören zum Standard.

Brünn - Parnass-Brunnen

Nach einer kurzen Ruhepause zieht es uns in die südliche Altstadt zum Krautmarkt, früher auch Oberer Markt genannt. Unter dem Platz existieren noch alte Kellerräume, in denen Lebensmittel, Bier und Wein gelagert wurden.

Brünn - Krautmarkt

Auf dem Platz findet heute der Wochenmarkt rund um den barocken Parnass-Brunnen von Johann Bernhard Fischer von Erlach statt.

Brünn - Reduta

Die „Reduta“ im Südteil des Platzes ist eine der ältesten Bühnen in Mitteleuropa und heute eine der fortschrittlichsten und beliebtesten Bühnen in Tschechien. In den 30er Jahren des 18. Jahrhunderts wurde das Objekt umgebaut und erweitert.

Brünn - Mozart Denkmal

Vor dem Theater steht eine Statue von Wolfgang Amadeus Mozart, die an ein Konzert des elfjährigen Wunderkindes zusammen mit seiner Schwester an Weihnachten 1767 erinnert.

Brünn - Palais Dietrichstein

Im Westen des Platzes befindet sich das von 1614 bis 1618 erbaute Palais Dietrichstein, in dem das Mährische Landesmuseum seinen Sitz hat. Das 1817 von Kaiser Franz I. gegründete Museum ist das größte in Mähren.

Brünn - Krautmarkt mit Dreifaltigkeitssäule

Im Hintergrund sehen wir das „Palais der Familie Hausperský von Fanal“, heute Sitz des Theaters „Husa na provázku“ und das „Haus der Äbte des Žďárer Klosters“. samt einer barocke Dreifaltigkeitssäule aus dem Jahr 1729. Es folgen vier Häusern im Stil der Gotik und Renaissance, „Malý Špalíček“ genannt.

Brünn -Markthalle

Recht neu auf dem Krautmarkt ist die Markthalle im Norden. Sie wurde von 1947 bis 1950 im Stil des Brünner Funktionalismus nach einem Entwurf der Architekten Emanuel Hruška und Vilém Zavřel im internationalen Stil errichtet und füllte eine kriegsbedingte Baulücke.

Hotel Grandezza Brünn

Den Platz schließt im Osten das Hotel Grandezza ab, Anfang des 20. Jahrhunderts unter Einbeziehung von Jugendstilelementen erbaut. In der Eingangshalle beeindruckt die handbemalte, farbige Glasdecke.
 
Kathedrale Sankt Peter und Paul - Brünn
Kathedrale Sankt Peter und Paul
 
Vom nahen Kapuzinerplatz haben wir einen schönen Blick auf die Kathedrale St.-Peter-und-Paul auf dem Petrov. Die erste Kirche entstand im 12. Jahrhundert auf diesem Felsvorsprung. Sie wurde immer wieder umgebaut und erweitert und erst im Jahr 1905 mit dem Bau der 81 Meter hohen Türme fertiggestellt.
 
Grandhotel Brünn - Bar
Grandhotel Brünn – Bar
 
Nach dem Abendessen auf dem Kohlmarkt kehren wir in unser Hotel zurück und nehmen an der Bar einen Absacker.
 
Altstadt Brünn
Ein ausführlicher Bummel durch die Altstadt.

2. Tag: Das Frühstück im Grandhotel war ernüchternd, Fliegen auf Käse und Wurst geht gar nicht. Kann man die Tür zur Straße nicht schließen? Morgen frühstücken wir sicher woanders.

Masarykstraße - Brünn

Masarykstraße - Brünn

Die Masarykstraße verbindet die Bahnhofsstraße mit dem Freiheitsplatz. Hier verlief bereits im 12. Jahrhundert ein wichtiger Handelsweg. Während der Zeit der Österreich-Ungarischen Monarchie wurde sie Ferdinand-Straße genannt und war als Gegenpol zur Česká-Straße in der nördlichen Altstadt ein Treffpunkt für deutscher Bürger und vor allem im südlichen Teil auch Wohnort der jüdischen Gemeinde. In Brünn lebte um 1900 eine deutschsprachige Mehrheit mit einem Bevölkerungsanteil von 63 % während die heutigen Vorstädte überwiegend tschechischsprachig waren.

Masarykstraße - Brünn

Zwischen den Weltkriegen reduzierte sich der Anteil der deutschsprachigen Bevölkerung auf nur noch ca. 20 %. Alle Häuser auf der Ferdinandstraße entstanden während der großen Modernisierung der Stadt Brünn an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Schöne Beispiele sind das Geschäfts- und Mietshaus „Friedrich Wittereich“ (Masarykova 19–21) von Otto Eisler oder das Stephan-Haupt-Jugendstilhaus (Masarykova 7) von Leopold Bauer.

Masarykstraße - Haus zu den drei Hähnen - Brünn

Das Jugendstilhaus des Wiener Architekten Jakob Gartner „Zu den drei Hähnen“ an der Ecke Masarykstraße/Kapuzinerplatz ist nach einer im 19. Jahrhundert sehr beliebten Gaststätte benannt, die zuvor an dieser Stelle gestanden hatte.

Masarykstraße 31 - Brünn

Auch das Palais Salm-Reifferscheidt musste der Modernisierung der Altstadt weichen. Es gehörte einem erfolgreichen Textilfabrikanten und war Sitz der Freimaurer. In das Haus in der Masarykova 31 aus der Gründerzeit wurde das Portal des alten Palais integriert.

Altes Rathaus Brünn

Über eine kurze Seitengasse erreichen wir

das Alte Rathaus mit dem Krokodil = Drache von Brünn

und der „Tourist Info“. Das Gebäude ist das älteste profane Gebäude in der Altstadt. Das Alte Rathaus mit dem 63 Meter hohen Turm stammt im Kern aus dem Jahr 1240.

Altes Rathaus Brünn - Innenhof

Den Durchgang in den Renaissance-Innenhof aus dem Ende des 16. Jahrhunderts schmückt ein spätgotisches Portal aus dem Jahr 1510 vom Brünner Baumeister Anton Pilgram, der in dieser Zeit auch maßgeblich am Bau des Wiener Stephansdoms beteiligt war.

Altes Rathaus Brünn - Portal

Auf den Seiten des Portals finden wir Statuen von Edelknechten, mittig das Brünner Wappen. Die Figuren darüber stellen Stadträte dar und gekrönt wird das Portal von einer Justitia. Im Durchgang, direkt beim Eingang zur Tourist Information, hängt der Brünner Drache an dicken Eisenketten von der Decke. Der Sage nach terrorisierte einst ein schrecklicher Lindwurm die Gegend um Brünn, der schon einige Mutige Angreifer getötete hatte. Ein Metzgergeselle konnte ihn schließlich mit einem Trick besiegen, indem er dem Drachen einen Köder vorsetzte, ein zugenähtes Kalbsfell gefüllt mit ungelöschten Kalk. Der Lindwurm schnappte zu und verschlang den Köder. Danach bekam er Durst, das Wasser blähte den Köder auf und das Ungeheuer platzte.

Brünner Drache

Bei dem hier aufgehängten Objekt handelt es sich allerdings um ein ausgestopftes Nilkrokodil. Vermutlich war es Ende des 15. Jahrhunderts eine Gabe des „böhmischen“ Königs Matthias Corvinus an die Bürger von Brünn. Matthias Corvinus hatte das Tier vom türkischen Sultan als Geschenk erhalten. Nach anderen Quellen wurde das Krokodil bereits im 14. Jahrhundert von Kaufleuten nach Brünn gebracht. Es hat eine Länge von knapp fünf Metern und wiegt fast 200 Kilo, das Alter ist nicht bekannt. Die echte Krokodilhaut ist mit einer Metallstruktur verstärkt und mit Gips ausgegossen. 

Freiheitsplatz Brünn

Die Masarykstraße mündet in den Freiheitsplatz, der sich nach Norden hin fächerförmig öffnet. Der dreieckige Grundriss des früher Unterer Markt genannten Platzes wurde von den Handelswegen des 13. Jahrhunderts und den Bachläufen bestimmt. Heute ist der Freiheitsplatz von mehreren bemerkenswerten Gebäuden umrahmt.

Astronomische Uhr - Brünn

Astronomische Uhr - Brünn

Auf dem Platz befinden sich eine frühbarocke Pestsäule aus dem Jahr 1689, der moderne Bronzebrunnen und die „Zeitmaschine“, eine Astronomische Uhr in Form einer Patrone, gefertigt aus schwarzem Granit. Um 11 Uhr, zur Brünner Mittagsstunde, fällt eine Glaskugel in einen Schacht. Wer sie herausfischt hat Glück.

An der Westseite steht das „Palais Klein“ aus dem Jahr 1848 mit markanten gusseisernen Erkern im Stil der Neorenaissance.

Palais Klein - Brünn

Die Kleins waren eine berühmte Unternehmerfamilie, die Eisenwerke, Gießereien, Maschinenbauwerke besaß und eine große Rolle beim Ausbau der Eisenbahn in der Österreich-Ungarischen Monarchie spielte. Das Haus war bereits mit WC und Zentralheizung ausgestattet.

Haus der Herren von Leipa - Brünn

Daneben steht das „Haus der Herren von Leipa“ mit einem Arkadeninnenhof, im Renaissancestil erbaut von einem italienischen Baumeister Ende des 16. Jahrhunderts. Die Fassade schücken mythologische und biblische Szenen, dazu Ornamente mit Weinreben, denn das Gebäude war ursprünglich die Stadtresidenz eines Weinhändlers aus Retz im nahen Weinviertel. 

Freiheitsplatz Brünn
Ostseite des Freiheitsplatzes mit Omega-Palast

Architekturgeschichtlich interessant ist auch die funktionalistische Fassade der Komerční Bank aus dem Jahr 1928 des Architekten Bohuslav Fuchs, obwohl der Stilbruch damals für Diskussionen in der Bevölkerung von Brünn sorgte, genauso wie der Omega Palast von 2006 auf der Ostseite des Freiheitsplatzes.

Haus mit den vier Atlanten - Brünn

Am auffälligsten am Unteren Markt ist das „Haus mit den vier Atlanten“, die auf ihren Schultern die Balustrade an der Frontseite des Jugendstilgebäudes aus dem Jahr 1902 tragen.

Alfapalast Brünn

Hier befindet sich auch der westliche Zugang zur dem von Bohuslav Fuchs entworfenen achtstöckigen Alfapalastes mit einer Einkaufspassage mit Galerie und Glasdach, fertiggestellt im funktionalistischen Stil während der Ersten Republik im Jahr 1937.

Freiheitsplatz Brünn

Auf der Rasinova mit der Straßenbahntrasse, die über den Freiheitsplatz und durch die Masarykstraße zum Hauptbahnhof führt, gelangen wir zur Jakobskirche.

Jakobskirche Brünn

Sie zählt zu den schönsten spätgotischen Gotteshäusern in Tschechien. Die romanische Vorgängerkirche wurde Anfang des 16. Jahrhunderts unter dem Meister Anton Pilgram ersetzt, aber nach einem Brand erst im Jahr 1592 vollendet. Der 94 Meter hohe Turm aus dem Jahr 1592 prägt das Stadtbild.

Brünner Beinhaus

Im Jahr 2001 wurde unter dem Jakobsplatz das unterirdische Beinhaus wiederentdeckt. Die Zahl der hier Bestatteten wurde auf über 50.000 geschätzt. Nach dem Beinhaus von Paris ist dieses somit das zweitgrößte in Europa.

Brünner Beinhaus

Der Friedhof der St.-Jakobs-Kirche existierte bereits Anfang des 13. Jahrhunderts. Die Lage innerhalb der Stadtmauern verhinderte eine Erweiterung. Da die Kapazität nicht mehr ausreichte, wurde spätestens zwölf Jahre nach der Beerdigung ein Grab geöffnet, die Überreste entnommen und ein gerade erst Verstorbener darin beigesetzt.

Brünner Beinhaus

Die Überreste aus den Gräbern wurden dann in der Krypta und in einem Beinhaus platziert. Bis ins 18. Jahrhundert hinein sorgten Pest- und Choleraepidemien sowie der Dreißigjährigen Krieg mit der schwedischen Belagerung dazu, dass sich die Beinhäuser nicht nur in Brünn rasch füllten. Im Jahr 1741 wurde das Beinhaus von Brünn erweitert. Die Josephinischen Reformen führten 1784 zur Aufhebung der kirchlichen Friedhöfe aus hygienischen Gründen, die Friedhofsmauer wurde abgerissen, der Platz um die Kirche herum mit den überflüssigen Grabsteinen gepflastert und das Beinhaus geriet langsam in Vergessenheit.

Brünner Beinhaus

Um nach der Wiederentdeckung einen Einsturz der Gewölberäume zu verhindern, wurden eine Sanierung des Beinhauses vom Rat der Stadt beschlossen. Alle Gebeine wurden herausgehoben und gesäubert. Ein Teil kam wieder zurück in das heute öffentlich zugängliche Beinhaus, einem Ort des Gedenkens. Während der Besichtigung ist eine eigens zu diesem Zweck komponierte Musik eines Brünner Komponisten zu hören.

Café Savoy - Brünn

Durch die rasante Entwicklung in den 1930er-Jahren boomte auch das gesellschaftliche Leben, das sich hier in Brünn, ähnlich wie in anderen Städten, auf die Kaffeehäusern konzentrierte. Eines davon, das mit seinem architektonischen Konzept, der komfortablen Einrichtung und der perfekten Gästebetreuung punktete war das „Café Savoy“ am Jakobsplatz. Gleich daneben steht ein weiteres funktionales Gebäude aus dieser Zeit, das für die Lebensversicherung Phoenix

Phoenix-Haus Brünn

erstellte Wohn- und Geschäftshaus von Otto Eisler aus dem Jahr 1927. Heute befindet sich hier das Restaurant Aida, die Adresse lautet Behounska 12.

Statthalterpalast Brünn

Wir folgen der Behounska bis zu ihrem Ende am ehemaligen Statthalterpalast. Napoleon und sein Stab waren hier ab dem 20. November 1805 bis zum Abmarsch seiner Truppen zum Schlachtfeld bei Austerlitz in der Nacht zum 29. November untergebracht. Jeden Tag fanden vor dem Palast Truppenparaden statt.

Statthalterpalast Brünn

Nach dem Sieg gegen die Verbündeten Russen und Österreicher kehrte Napoleon vom 7. bis 12. Dezember 1905 in den Statthalterpalast zurück. Nach der Schlacht von Znaim gegen die Österreicher im Jahre 1809, die mit einem Waffenstillstand endete, kam Napoleon erneut nach Brünn zurück. Mit dem Friedensvertrag von Schönbrunn musste Österreich zahlreiche Gebiete an den Franzosen abtreten, darunter auch die Festung von Brünn. Heute sind im Stadthalterpalast Teile der Mährischen Galerie untergebracht.

Mit dem Friedensvertrag von Schönbrunn musste Österreich zahlreiche Gebiete an den Franzosen abtreten, darunter auch die Festung von Brünn. Heute sind im Stadthalterpalast Teile der Mährischen Galerie untergebracht. Daneben steht die Thomaskirche, mit der Fassade zum Mährischen Platz ausgerichtet. Vor dem Gottesaus ragt das acht Meter hohe Reiterstandbild von Markgraf Jobst von Mähren aus dem Jahr 2015 auf. Unter den überdimensional langen Pferdebeinen können wir hindurchspazieren.

Statue der Gerechtigkeit - Brünn

Gegenüber, vor dem Obersten Verwaltungsgericht, ist auf dem Mährischen Platz ein weiteres modernes Denkmal zu sehen, die Statue der Gerechtigkeit aus dem Jahr 2010.

Freiheitsplatz Brünn
Freiheitsplatz mit Bronzebrunnen

Vor unserer Nase hält gerade eine Trambahn, die uns durch die Rasinova, über den Freiheitsplatz und auf der Masarykstraße zum Hauptbahnhof bringt.

Wir legen eine Mittagspause in unserem Hotelzimmer ein, bevor wir mit einer anderen Tramlinie hinauf zum Petrov-Hügel fahren.

Denisgärten - Brünn

Einige Stufen führen von der Haltestelle hinauf zu den Denisgärten, einer gepflegten Parkanlage hoch über der Altstadt. Durch schöne Kolonnadengänge

Brünner Denisgärten

und am Obelisken aus dem Jahr 1818 vorbei, der an das Ende der Napoleonischen Kriege und seine Niederlage in der Schlacht von Waterloo erinnern soll, kommt man zu einer Aussichtsterrasse, die einen großartigen Ausblick über die Stadt Brünn bietet.

Oberhalb des Petrov befindet sich die Burg Spielberg, erbaut im 13. Jahrhundert, später ausgebaut zu einer starken Festung, zum Gefängnis und zur Kaserne. Über den Denisgärten ragt die Kathedrale auf, die von barocken Häusern umgeben ist, die meist einen mittelalterlichen Kern besitzen.

Der Petrov - Brünn

In ihnen sind das Diözesanmuseum und weitere kirchliche Einrichtungen untergebracht. Direkt am Hang steht die Kapelle des Heiligen Chrysostomus, einem frühen Kirchenlehrer aus Antiochien.

Wir fahren mit der Tram weiter in die nördliche Altstadt und steigen an der Česká aus. Die Česká ist die Brünner Straße, die an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert das Zentrum des tschechischen kulturellen Lebens war.

Hotel Avion - Brünn

Aus architektonischer Sicht sind einige funktionalistische Gebäude bemerkenswert, insbesondere das einzigartige Hotel Avion, heute ein neu renoviertes Designhotel. Es bietet eine komfortable Unterbringung in 37 Zimmern in verschiedenen Kategorien, in derselben Anzahl, wie sie damals vom Architekten Bohuslav Fuchs vorgesehen wurde, sowie ein Hotelrestaurant und Café, ein Museum und eine Aussichtsterrasse. Es handelt sich um einen der schmalsten Hotelkomplexe in Europa, zwischen 1926 und 1927 entworfen, 1928 erbaut und 1929 mit Möbeln ausgestattet. Das zehnstöckige Haus wurde auf einem schmalen und tiefen Grundstück von 8 x 34 m errichtet wurde, ist 40 Meter hoch, was bis heute einen faszinierenden Blick auf die Burg Spielberg, die St.-Peter-und-Paul-Kathedrale und die gesamte Stadt Brünn von der Terrasse in der obersten Etage aus ermöglicht. Zusammen mit der Brünner Villa Tugendhat gehört es zu den Juwelen der funktionalistischen Architektur.

Convalaria-Gebäude - Brünn

Schräg gegenüber steht das „Convalaria“ von Oskar Poříska, in dem heute die Redaktionen „Volkszeitung“ und die Zeitung „Heute“ ihren Sitz haben,

Geschäftshaus der Schuhfirma Baťa - Brünn

An einem historischen Ziehbrunnen vorbei kommen wir zum Geschäftshaus der Schuhfirma Baťa aus dem Jahr 1934. Das heute in 70 Ländern vertretene Unternehmen wurde 1894 in Mähren gegründet.

Hotel International - Brünn

Das Hotel International westlich der Česká ist ein postfunktionalistischer Bau aus den Jahren 1959 bis 1962, der vom Bauhaus-Stil und vom Werk des brasilianischen Architekten Oscar Niemeyer geprägt wurde. Die Innenausstattung des Hotels erfolgte im „Brüsseler Stil“.

Lichtbrunnen in Brünn

Wir folgen jetzt wieder der Běhounská bis zu ihrem Ende. Rechts durch ein Tor kommen wir auf die Ringstraße beim Janáček-Theater. Der Bereich vor dem Theater wurde 2015 zu einer Erholungsfläche für die Bevölkerung umgestaltet. Es entstand ein weitläufiger Platz mit einem einzigartigen Lichtbrunnen, der einen Wasservorhang bildet. 

Janáček-Theater in Brünn

Zum Zeitpunkt seiner Eröffnung im Jahr 1965 war das Janáček-Theater das größte der Tschechoslowakei. Es gab keine technisch besser ausgestattete Bühne im Land. Für Das Theater musste ein weiteres Juwel des Funktionalismus weichen, das ehemalige Café Zemann aus dem Jahr 1925.

Café Zemann - Brünn

Zum 100. Geburtstag von Bohuslav Fuchs 1995 wurde dieses frühe Objekt des Architekten südlich des Janáček-Theaters wieder errichtet. Heute befindet sich das Restaurant Pavillon in den Räumen und nach wie vor verbinden große rote Schiebefenster den Innenraum mit der Terrasse und dem Park.   

Landgericht Brünn
Das Landgericht an der Ringstraße
Tschechische Nationalbank - Filiale Brünn
Tschechische Nationalbank an der Ringstraße

1860/1861 erhielt Brünn nach dem Vorbild von Wien ebenfalls eine Ringstraße. Mit der Planung wurde Ludwig Förster betraut, der auch bei der Planung der Wiener Ringstraße beteiligt war. Auch hier wechseln sich repräsentative Gebäude, wie der Hauptbahnhof, die Tschechische Nationalbank oder das heutige Mahen-Theater mit schönen Grünanlagen ab. 

Am Malinovskiplatz steht das im Jahr 1882 eröffnete Deutsche Theater. Beauftragt mit der Planung wurden die Wiener Theaterarchitekten Ferdinand Fellner jun. und Hermann Helmer.

Mahen-Theater in Brünn

Es war das erste voll elektrisch beleuchtete Theater in Europa. Installiert wurden die Lampen von einem Assistenten von Thomas Alva Edison. Nach mehreren, der Zeit geschuldeten Umwidmungen, heißt die Bühne heute „Mahen-Theater“.   

Kaufhaus Centrum - Brünn

Tomáš Baťa wollte am Malinovskiplatz im Jahr 1930 den ersten europäischen Wolkenkratzer mit 23 Stockwerken bauen. Aufgrund des instabilen Untergrundes musste jedoch nach der Fertigstellung des 8. Stockwerks der Weiterbau gestoppt werden. Das Schuhgeschäft zog trotzdem ein und belegte die Stockwerke 1 bis 4. Das Gebäude verfügte über Expressaufzüge und Zentralheizung. Nach dem 2. Weltkrieg zog in Baťas Schuhgeschäft das Kaufhaus „Centrum“ ein und heute gibt es im Erdgeschoss eine Filiale des Lebensmittel-Discounters Lidl.

Mönitzer Tor Brünn

Auf dem Weg zurück in die südliche Altstadt kommen wir am einzig erhaltenen von fünf Stadttoren vorbei, dem Mönitzer Tor. Es diente auch als Waffendepot und Wohnung für den Henker von Brünn. 

Josefska mit Kathedrale - Brünn

In die Josefska, gleich oberhalb unseres Hotels, gehen wir nun zum Abendessen ins Ristorante Adria, weil uns an diesem sommerlichen Abend der Sinn nach leichter, mediterraner Küche steht. Wir nehmen im Außenbereich Platz mit Blick auf die Kathedrale.

Brünner Stausee - EMS Utrecht

Der Brünner Stausee.

3. Tag: In der Josefska haben wir auch ein schönes Café entdeckt. Im Café Aida bekommen wir ein leckeres Frühstück auf der Terrasse, es gibt keine Fliegen und wir zahlen nur die Hälfte, verglichen mit dem Hotelfrühstück von gestern.

Tramlinie 1 - Brünn

Heute sind Temperaturen von über 30° angesagt, und so entschließen wir uns mit der Tram 1 vom Hauptbahnhof in den Vorort Bystric zu fahren. Dort ist der Startpunkt der Linienschifffahrt über den 10 Kilometer langen Brünner Stausee.

Brünner Messe

Auf der Fahrt dorthin kommen wir am Messegelände vorbei, das zu den bedeutendsten funktionalistischen Gebäudekomplexen der Welt gehört und heute eine Fläche von 190.000 m² hat. Die Messe Brünn veranstaltet ganzjährig Ausstellungen, Messen, Shows, Konzerte und weitere Veranstaltungen.

Brünner Messe - Kongresshalle

Die erhaltenen Gebäude von 1928 und einige bedeutende Objekte späteren Datums stehen heute unter Denkmalschutz. Weitere funktionalistische Bauten außerhalb der Altstadt sind die Villa Stiassni, das Hus-Kollegium, die Synagoge Agudas Achim und das Café Era für deren Besichtigungen uns diesmal die Zeit fehlt. Das gilt auch für die Jugendstilvillen Jurkovič und Löw-Beer.

ehem. Hauptpostamt neben dem Bahnhof - Brünn
ehem. Hauptpostamt neben dem Bahnhof

Die unter dem Schutz des UNESCO-Weltkulturerbes stehende Villa Tugendhat des Architekten Mies van der Rohe aus dem Jahr 1930 war in der Woche unseres Besuchs leider geschlossen und das ehemalige Hauptpostamt neben dem Bahnhof im Bauhausstil aus dem Jahr 1937 steht zurzeit leer.

EMS Utrecht am Bystrc Dock (CZ)
EMS Utrecht am Bystrc Dock

Nach insgesamt 26 Minuten Fahrzeit steigen wir an der Haltestelle Přístaviště aus. Zum Schiffsanleger am Bystrc dock sind es noch gut 500 Meter zu Fuß. Die ersten drei elektrischen Motorschiffe wurden hier 1946 in Dienst gestellt. Die Talsperre, die den Fluss Svratka aufstaut, gibt es schon seit 1936.

EMS Utrecht - Innenausstattung
EMS Utrecht

Heute sind fünf ebenfalls von Elektromotoren angetriebene Motorschiffe im Einsatz. Sie wurden 2010 in Tschechien gebaut sind mit Akkumulatoren und Solargeneratoren ausgestattet. Das trägt zur Sauberkeit des Stausees bei, hält die Luft rein und reduziert den Lärm in diesem wichtigen Naherholungsgebiet von Brünn.

EMS Dallas
EMS Dallas

Die Schiffe sind nach fünf der zwölf Partnerstädte von Brünn benannt: Lipsko (Leipzig), Utrecht, Vídeň (Wien), Dallas, Stuttgart. Die komplette Rundfahrt dauert 70 Minuten.

Brünner Stausee - Freibad

Brünner Stausee - Steilufer

Wir kommen an einigen schönen Freibädern vorbei, legen mal am rechten, mal am linken Ufer an, sehen einige nette Ausflugslokale in der Nähe der Haltestellen. Auf dem Wasser sind neben einige Schwimmern auch Sportler mit Kanus, Kajaks und SUP-Boards unterwegs. Plötzlich verengt sich der See und unser Schiff folgt einem sich durch eine enge Schlucht windenden Wasserlauf. Die Ufer sind bis hinunter zum See bewaldet.

Brünner Stausee - Brücke bei der Burg Veveří

Nach einiger Zeit taucht eine neu erbaute Brücke für Radfahrer und Fußgänger auf, die beide Ufer verbindet. Unser Schiff mit dem Namen „Utrecht“ legt kurz hinter der Brücke am westlichen Ufer am Schiffsanleger der Burg Veveří an.

Schiffsanleger der Burg Veveří

Hoch über uns thront das auf Deutsch „Burg Eichhörnchen“ genannte Gemäuer. Wir steigen aus, während das Schiff zur Endhaltestelle bei Veverská Bitýška weiterfährt.

Burg Veveří (CZ)

Die erste Burg wurde hier Mitte des 11. Jahrhunderts von Konrád I. erbaut. Die heutige Burganlage stammt aus der Mitte des 13. Jahrhunderts und wurde als böhmische Königsburg errichtet. Im Jahr 1802 erwarb der Pionier der Brünner Textilindustrie Freiherr von Mundy die Burg, später hatte Gustav Prinz von Wasa hier seine Sommerresidenz, um 1896 kaufte ein englischer Adliger Veveří.

Der Jugendfreund von Churchill hatte den späteren britischen Premierminister drei Mal auf der Burg zu Gast. Heute ist Veveří in Staatsbesitz und lockt mit zahlreichen kulturellen und gesellschaftlichen Veranstaltungen, Ausstellungen, Konzerten, Verkostungen und Weinfesten. Auf diesen Festen werden oft die einheimischen südmährischen Weinsorten Krumwirsch und Sylvaner ausgeschenkt. 

Burg Veveří (CZ)

Für die Rückfahrt steigen wir in das „EMS Dallas“ ein und genießen auf dem Oberdeck nochmal den schönen Blick auf die Burg Veveří.

Grandhotel Brünn - Lobby

Den restlichen Nachmittag bis zu unserer Abreise verbringen wir im Café Aida und in der Lobby des Grandhotels. Um 18:22 Uhr fahren wir mit dem IC/EC mit Umsteigen in Breclav (am selben Bahnsteig) bis nach Wien. Die Fahrt dauert 90 Minuten.

In Wien verbringen wir noch zwei Tage. Lesen Sie dazu den Beitrag: https://toeightycountries.com/gustav-klimt-bilder-einer-ausstellung

Die Industrialisierung der Region Brünn begann Ende des 18. Jahrhunderts mit der Textilindustrie und setzte sich später im Maschinenbau fort. Brünn war eines der wichtigsten Industriezentren der Habsburger Monarchie und wurde „Manchester des Ostens“ genannt“.

Trambahn in Brünn

1897 wird das städtische Elektrizitätswerk gebaut und 1900 wird die Straßenbahn elektrifiziert. Brünn bleibt die Stadt der Erfinder und Forscher: 1914 fertigt Viktor Kaplan seine erste Turbine in Brünn. Die Ausstellung der zeitgenössischen Kultur in der Tschechoslowakei lockte Im Sommer 1928 auf dem neu eröffneten Messegelände mehr als 2,5 Millionen Besucher an.

Brünner Altstadt

Die wirtschaftliche Kraft der Region in dieser Epoche spiegelt sich in den Bauwerken der Gründerzeit, des Jugendstils und der Moderne wider. Diese Architektur erhielt in Brünn eine hohe Wertschätzung, von der bis heute der Besucher profitiert.

Service Brünn:
Grandhotel Brünn **** DZ De Luxe bei DERTOUR ab 123 €.
Hotel International **** DZ bei DERTOUR ab 149 € inkl. Frühstück.
Villa Tugendhat – Eintritt 16,50 € (online sehr früh vorbuchen)
Brno-Pass mit Villa Tugendhat ab 32 € und verschiedene andere Ermässigungen.
Beinhaus Jakobskiche – Eintritt 6,50 €. (Senioren 1/2 Preis)
Tram/Bus 8-Fahrten-Karte 6,50 €, Kurzstrecke 0,85 €, Normalpreis 1,35 €.
Brünner Stausee – Schiffsrundfahrten von April bis Oktober (Prospekt und Auskünfte: Tourist Information Altes Rathaus – direkt beim Brünner Drachen) – Fahrpreis Bystrc Dock – Burg Veveří und zurück 7 €. 
Eurocity Brünn – Wien ÖBB-Sparschiene ab 7,70 €. 
Railjet ab München zum DB-Europa-SuperSparpreis 2.Kl. ab 34,99 € und 1.Kl. ab 49,99 €.

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(Information und Buchung über „Urlaubssuche“)

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Diese Reise habe ich mit meiner Frau im Juli 2025 gemacht. Tarifstand August/September 2025. Diesen Beitrag auf YouTube ansehen: https://youtu.be/oxKaENnQhjA

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Weitere Berichte aus Osteuropa auf meiner Website:

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