Riga – die Perle des Baltikums
Zum Abschluss unserer Reise durch die Baltischen Staaten geht es in das elegante Riga, Hansestadt und Welthauptstadt des Jugendstils. Mit Jūrmala hat die Metropole Lettlands eines der schönsten Ostseebäder vor der Tür.
Version 2024. Diesen Beitrag gibt es hier auch zum Hören (MP3):
Anreise.
1.Tag: Nach unseren Aufenthalten in Litauen und Estland reisen wir heute Vormittag mit einer Fokker 100 der Air Baltic von Tallinn nach Riga weiter. Der Flughafenbus fährt uns direkt vor unsere Unterkunft, dem „Reval Hotel Latvija“, wo wir für drei Nächte ein Doppelzimmer gebucht haben.
Vom Zimmerfenster aus blicken wir direkt auf die wunderschöne orthodoxe „Christi-Geburt-Kathedrale“ aus dem Jahr 1884 mit ihrer wertvollen Inneneinrichtung.
Wir unternehmen einen ersten Spaziergang an der Katedrale vorbei zum Freiheitsdenkmal. Auf dem 42 Meter hohen Obelisken steht eine Mädchenfigur aus Kupfer und hält mit erhobenen Händen drei vergoldete Sterne für die drei historischen Provinzen des Landes. Das Denkmal stammt aus der Zeit der ersten Unabhängigkeit Lettlands und wurde 1935 eingeweiht.
Linker Hand ragt die Nationaloper im Stil des Neo-Klassizismus auf. Der Vorbau wird von sechs Ionischen Säulen getragen. Die Wallanlage mit dem Bastionshügel trennt die Neustadt von der Altstadt. Hier laden alte Bäume, Wasserläufe, Brunnen, und Statuen auf Grünflächen zum Verweilen ein.
Die Welthauptstadt des Jugendstils.
2. Tag: Heute wollen wir die wunderbaren Jugendstilgebäude von Riga ansehen. Auf dem Weg zum Kronvaldpark kommen wir am Backstein-Gebäude der Kunstakademie vorbei. Hier mischen sich Historismus und Jugendstil.
In Riga gibt es etwa 800 Jugendstilbauten in einer Dichte wie nirgendwo sonst auf der Welt. Die schönsten Gebäude wurden von Michael Eisenstein in den Jahren 1901 bis 1906 erbaut. Sie befinden sich in den Straßen „Alberta Iela“ und „Elizabetes Iela“.
Die Elisabethstraße beginnt im Nordwesten am Jachthafen von Riga. Das erste Jugendstilgebäude in ihrem Verlauf ist die Spanische Botschaft hinter dem Kronvald-Park. Die „Elizabetes Iela“ führt in einem Bogen weiter an der Österreichischen Botschaft, den Jugendstilhäusern von Michael Eisenstein und unserem Hotel Latvija vorbei und endet am Hauptbahnhof im Südosten der Neustadt.
Im Jahr 1901, am Übergang vom Historismus zum Jugendstil, entstand das Wohnhaus an der Elisabethstraße Nr. 33, das an der Fassade, vor allem im 1.Stock, einen reichen Figurenschmuck zeigt.
Zwei nackte Frauengestalten sind die Stützsäulen für einen mit einem schönen schmiedeeisernen Gitter ausgestatteten Balkon.
Das Haus Nr. 10 b, direkt gegenüber, zeigt an der Fassade fantasievolle Kompositionen von Masken, Rad schlagenden Pfauen, großen, länglichen Köpfen und geometrischen Figuren – Etage für Etage ein Meisterwerk des Jugendstils!
Mein „Lieblingshaus“ in Riga ist wegen seiner geometrischen Klarheit die ehemalige Privatschule in der Strelnieku Iela No. 4 a (oben und Titelfoto). Hier werden von Michael Eisenstein, ähnlich wie schon am Haus in der Elisabethstraße 10 b, alabasterfarbene Elemente wie Säulen, Simse und Dachtürme mit hellblau glasierten Klinkersteinen in der Fassade kombiniert.
In der Alberta Iela Nr. 13 zeigt die ockergelbe Fassade dämonische, große Frauengesichter mit holen Augen und offenen Mündern.
Im Gebäude mit den roten Dächern von Konstantinis Pēkšēns, das Haus Albertastraße Nr. 12, befindet sich das Jugendstilmuseum der Stadt Riga. Das Gebäude wurde 1903 in der Formensprache der Renaissance mit Turmelementen aus dem Mittelalter konzipiert.
Dieser Architekt entwarf circa 250 Häuser des Jugendstils, so auch das Haus Antonijas ielā No. 8, über dessen Haustür zwei Drachen wachen.
Einen kleinteiligeren Fassadenschmuck verwendet der Architekt Eižens Laube am crèmefarbenen Wohnhaus in der Alberta Iela No. 11. Es wurde im Jahr 1908 im Stil der Nationalen Romantik, einer Weiterentwicklung des lettischen Jugendstils, mit runden Ecktürmen erbaut.
Im Dachaufbau fällt besonders das Medaillon mit einem Kopf im Strahlenkranz auf. Eižens Laube war ein Schüler und zeitweise Werkstatt-Mitarbeiter von Konstantinis Pēkšēn. Um nun zurück ins Hotel zu kommen, müssen wir nur noch der Elisabethstraße 900 Meter in östlicher Richtung folgen.
Der riesige Zentralmarkt ist in fünf Zeppelinhallen untergebracht.
2. Tag: Als wir nach dem Frühstück das Hotel verlassen, hat sich an der Rezeption eine lange Schlange mit neue angekommenen Gästen gebildet. Alle sind schwarz gekleidet. Wie sich herausstellt ist die Heavy Metall Band „Metallica“ in Riga und gibt ein Konzert. Aus ganz Skandinavien sind die Fans angereist. Werbung:
Wir folgen heute der Elisabethstraße in südlicher Richtung und erreichen so den hinter dem Hauptbahnhof gelegenen Zentralmarkt.
Auf dem Weg liegt der Blumenmarkt, der durch seine Größe, der großen Auswahl an kunstvoll zusammengestellten Blumensträußen und geschmackvollen Gestecken, die Bedeutung des Verschenkens von Blumen in Lettland deutlich macht.
Der Zentralmarkt von Riga ist der größte Markt, den ich jemals gesehen habe!
Fünf riesige Zeppelinhangar von 35 Meter Höhe, in Stahl-Glaskonstruktion während des 1. Weltkriegs in der Hafenstadt Liepāja errichtet, wurden 1930 nicht mehr gebraucht und nach Riga versetzt. Hier zog der Markt ein. In der Sowjetzeit kamen Händler aus allen Republiken hierher, um hier ihre Waren anzubieten.
Auch heute noch ist die Auswahl an Obst, Gemüse, Fleisch- und Wurstwaren, Eingelegtem und natürlich besonders beim Fisch sehr groß.
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Jūrmala – ein Urlaubsparadies an der Ostsee.
Um die Mittagszeit fahren wir mit der Vorortbahn vom Hauptbahnhof in das Ostseebad Jūrmala weier. Es besteht aus mehreren Ortsteilen, die sich auf dem schmalen Landstreifen zwischen dem Fluss Lielupe und den schönen Sandstränden der Rigaer Bucht auf 25 Kilometer Länge erstrecken.
Die Fahrt dauert nur eine halbe Stunde. Der beliebteste und belebteste Ortsteil von Jūrmala ist Majori. Hier steigen wir aus.
In den Seitenstraßen von Majori und Bulduri stehen hübsche Villen in Holzbauweise aus der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Auf der Jomas Iela, der Flaniermeile, herrscht reger Betrieb, eine Bühne ist aufgebaut und es spielt eine Band.
Der Strand von Majori ist auch gut besucht. Wir schauen ein wenig beim Beach-Volleyball im eigens aufgebauten Stadion zu und bewundern den Strandpavillon in Bäderarchitektur.
In der Altstadt wird die Hansezeit lebendig.
3. Tag: Heute nutzen wir das Angebot unserer Riga-Card zu einer Stadtführung. Treffpunkt ist um 10 Uhr vor der Nationaloper. Zunächst geht es durch die Wallanlagen zum Pulverturm aus dem 14. Jahrhundert, dem letzten erhaltenen von 28 Türmen der Stadtbefestigung. Die alte Stadtmauer wurde im 17. Jahrhundert durch die Wallanlagen ersetzt.
Der frei gewordene Raum gab Platz für die aus drei Häusern bestehenden Jakobskasernen. Durch das Schwedentor gelangen wir in die eigentliche Altstadt. Es wurde während der schwedischen Vorherrschaft einfach in ein Wohnhaus gebrochen um ohne Umwege zu den neuen Wallanlagen zu gelangen.
Das Lettische Parlament, die „Saeima“, befindet sich in einem von 1863 bis 1867 erbauten Palast im Stil der Florentiner Renaissance.
Daneben steht die katholische St. Jakobs-Kathedrale mit ihrem 80 Meter hohen Kirchturm. Seit 1225 gibt es an dieser Stelle eine Kirche, die aber über die Jahrhunderte häufig umgebaut wurde.
Das Ensemble der „Drei Brüder“ besteht aus drei unterschiedlichen Häusern. Das rechte, graue Haus mit einem gotischen Stufengiebel und dem kleinen Architektur-Museum im Erdgeschoss gilt als das älteste Haus von Riga (um 1490).
Das große, gelbe Haus in der Mitte ist auch aus dieser Zeit, bekam aber im Jahr 1646 eine neue Fassade im holländischen Barockstil. Das linke, grüne Haus jedoch ist ein Barockhaus aus dem 18. Jahrhundert.
Unsere Gruppe läuft am „Grand Palace Hotel“ vorbei weiter zum Dom. Im Jahr 1211 legte Bischof Albert den Grundstein. Aus dieser frühen Zeit sind noch der Chor und das romanische Querschiff erhalten. Aus der gotischen Zeit stammt das Nordportal. Die Kirche ist das größte Gotteshaus des Baltikums und beherbergt seit 1563 die evangelisch-lutherische Gemeinde. Die Walcker-Orgel aus dem Jahr 1884 ist mit ihren 6.718 Pfeifen eine der größten Orgeln der Welt. Am Domplatz gibt es einige schöne Straßencafés.
An der Nordseite steht ein im Stil eines venezianischen Palazzo aus der Renaissance nachempfundenen, aber von 1852 bis 1855 errichtetes Gebäude, die ehemaligen Börse.
Die Petrikirche in Backsteingotik diente seit 1209 der städtischen Gemeinde, bestehend aus Hanse-Kaufleuten und den Handwerkerzünften, als Gotteshaus und Versammlungsort. Der filigrane, 133 Meter hohe, spitz zulaufende Turm beherrscht das Stadtbild von Riga. Große Teile der Altstadt wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört, so auch das Rathaus.
Vis-à-vis steht das beeindruckende „Schwarzhäupterhaus“, das im Jahr 1334 erstmals Erwähnung fand. Das in Backsteingotik erbaute Haus wurde nach Art der flämisch-holländischen Zunfthäuser im 17. Jahrhundert umgebaut und ausgeschmückt. Wie sein Namensvetter in Tallinn, beherbergte auch das „Schwarzhäupterhaus“ von Riga die deutschen Kaufleute aus der Hansezeit. Der Name geht auf den Schutzpatron der Kaufleute, den Heiligen Mauritius zurück, der immer als Mohr dargestellt wurde. Auf dem Rathausplatz steht eine Roland-Statue.
Zum ältesten Freilichtmuseum Europas.
Am Nachmittag fahren wir mit einem Stadtbus der Linie 1 zum „Ethnographischen Freilichtmuseum von Lettland“ etwas außerhalb von Riga. Das älteste Freilichtmuseum Europas erstreckt sich auf 80 Hektar Fläche.
Drei historische Holzkirchen, ein Wirtshaus, mehrere Windmühlen, zahlreiche Bauernhöfe aus der Provinz Vidzeme, eine Schmiede und ein komplettes Fischerdorf aus der Provinz Kurzeme komplett mit Kate und Räucherhütte sind zu sehen.
Insgesamt gibt es in dem 1924 eröffneten Park heute mehr als 100 Gebäude aus der Lettischen Bauern- und Fischerkultur.
Die Häuser, die teilweise 300 Jahre alt sind, stehen in einer schönen Landschaft verstreut auf Wiesen, im lichten Kiefer- und Laubwald oder direkt an einem See.
Ein Abschieds-Drink im 26. Stock.
Nach unserer Rückkehr im Hotel nehmen wir heute Abend als Abschluss unserer zweiwöchigen Rundreise durch die Baltischen Staaten einen Cocktail in der Skyline-Bar im 26. Stock und genieße die fantastische Aussicht auf die Altstadt von Riga und den an der Stadt vorbeiziehenden Fluss Düna.
Die Altstadt und das Jugendstilviertel von Riga gehören zum UNESCO-Weltkulturerbe. Über den Jugendstil in Darmstadt und Ljubljana habe ich weitere Berichte verfasst.
Service Riga:Linienflug mit Lufthansa München – Riga und zurück ab 162 €.
Radisson Blu Latvija Conference & Spa Hotel (ehemals Reval Latvija Hotel) DZ ab 89 €.
Rija Domus Hotel*** – zentral in der Altstadt – bei DERTOUR ab 63 € inkl. Frühstück.
Riga Pass ab 14,99 €.
Architekturmuseum im Haus „Drei Brüder“ – Eintritt frei.
Ethnographisches Freilichtmuseum von Lettland – Eintritt 4 €.
Bahnfahrt Riga – Majori H+R 3 € (Zielort des Zuges ist Sloka).
Autorundreise „Klassische Höhepunkte Litauen/Baltikum mit Kurischer Nehrung“ ab/bis Vilnius – 10 Tage inkl. Talinn und Riga im DZ bei DERTOUR – ab 1.342 € inkl. Frühstück (für 2 Personen).
Kreuzfahrt mit TUI Ruises „Mein Schiff 1“ ab/bis Kiel mit Tallinn, Riga, Memel etc. bei DERTOUR 12 Nächte ab 2.399 € p.P. –
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Diese Reise fand im Juli 2008 statt. Ich reiste mit meiner Frau. Dieser Beitrag wurde im Mai 2024 überarbeitet, Tarifstand: Sommer 2024. Diesen Beitrag auf YouTube ansehen: https://youtu.be/I58beLaSlqQ
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Weitere Berichte aus Osteuropa auf meiner Website:
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- Litauen – von Vilnius an die Bernsteinküste
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