Taipeh – modern, liberal und gastfreundlich
Wer die chinesische Kultur, die großartige Küche und die größten Kunstschätze des Kaiserhofs in angenehmer und entspannter Atmosphäre erleben möchte, dem empfehle ich Taipeh, die Hauptstadt von Taiwan.
Spezial: Eine schöne Radtour entlang der Flüsse im Süden von Taipeh [in der Mitte dieses Berichts].
Version 2024 / 2025. Diesen Beitrag gibt es hier auch zum Hören (MP3):
Meine Anreise aus Vietnam.
Auf meiner Reise durch Vietnam und Kambodscha habe ich in drei Wochen viel erlebt. Da ich auf dieser Reise die Fernstrecken mit China Airlines fliege, ergibt sich für mich auf dem Rückflug die Gelegenheit einen Stopp in Taipeh einzulegen.
21. Tag.: Meine Maschine aus Hanoi landet pünktlich um 15 Uhr auf dem Taipeh Taoyuan Airport. Der Flughafen liegt 40 Kilometer westlich vom Zentrum. Ich nehme den Airport-Bus, der direkt vor meinem Hotel „The Westin“* im Zentrum hält.
Hier wohne ich für 3 Nächte. Die Schnellbahnstation Nanjing/Fuxing mit der Grünen und der Braunen MRT-Linie liegt um die Ecke.
Heute ist es schon zu spät für eine Erkundung von Taipeh und ich gehe nur noch zum Abendessen in einen Mongolen-Grill direkt gegenüber meines Hotels auf der anderen Seite der Nanjing East Road.
Auf dem 101-Tower im 91. Stockwerk.
22. Tag: Nach dem Frühstück im Hotel möchte ich heute unbedingt auf den höchsten Wolkenkratzer der Welt hinauffahren*. Der 101-Tower löste mit seinem Richtfest im Juli 2003 die „Petronas Towers“ in Kuala Lumpur als höchstes Gebäude der Welt ab. Das 508 Meter hohe Haus hat 101 oberirdische und fünf unterirdische Stockwerke.
Der Bau orientiert sich an einer sich nach oben verjüngenden Bambusstange und ist jadegrün verglast. Ein Feng-Shui-Meister hat an der Planung mitgewirkt. An der Fassade wachen in jedem Stockwerk Drachenköpfe an den Ecken und in der Mitte jeder Seite befinden sich Medaillons in Form alter chinesischen Münzen.
Für das Fundament wurden über 500 bis zu 80 Meter lange Betonpfeiler in den Untergrund aus schlammigem Schwemmland gerammt und darauf ein Fundament aus 9.000 Tonnen Stahl und 26.000 m³ Beton gesetzt. Die Hauptlast wird von acht Riesensäulen getragen, die bis ins 62. Stockwerk hinaufreichen.
Da Taiwan auf dem pazifischen Feuerring und dazu in einer Taifunzone liegt, wurde eine 660 Tonnen schwere goldfarbene Kugel an 16 dicken Stahltrossen im Zentrum des Wolkenkratzers als riesiges Pendel aufgehängt um Schwankungen zu 50 % auszugleichen.
Der 101-Tower bietet 10.000 Büro-Arbeitsplätze auf 200.000 m² Fläche. Für sie und die Besucher des Turms sind 63 kapselförmige Aufzüge, 34 doppelstöckige Lifte sowie die schnellsten Fahrstühle der Welt eingebaut worden. Es gibt in der unterirdischen Garage 1.839 Autoparkplätzen und knapp 3.000 Stellplätzen für Motorroller.
Ich fahre als Besucher in den 89. Stock mit einem Aufzug der unterwegs bis zu 60 km/h erreicht. Der Lift ist luftdicht versiegelt und in der Kabine wird der Luftdruck konstant gehalten.
Oben bietet sich auf dem Aussichtsdeck ein 360°-Panorama auf Taipeh und die Hügel im Süden der taiwanesischen Hauptstadt. Zwei Treppen höher befindet sich der Außenbereich im 91. Stockwerk.
MRT Taipeh 101/World Trade Center 台北101 / 世貿站 (Rote Linie)
Der Longshan Tempel – der größte und älteste Tempel der Stadt.
Am späten Nachmittag besuche ich den größten und ältesten Tempel von Taipeh. Der Longshan Tempel liegt im Stadtteil Mengjia. Er steht auf einem nahezu quadratischen Areal von 1.600 m² und stammt aus dem Jahr 1738.
Die Geschichte Taiwans beginnt 4000 v. Chr. mit der Einwanderung austronesischen Volksgruppen, die heute nur noch aus einer kleine Minderheit von 330.000 indigenen Einwohnern besteht. Im Jahr 1517 erreichten portugiesische Seefahrer den Osten der Insel. Sie nannten die Insel Formosa – die Schöne.
1624 besetzten niederländische Seefahrer für die Niederländische Ostindien-Kompanie VOC den Süden der Insel. 1626 eroberten Spanier den Norden und gründeten dort Niederlassungen, wurden aber 1641 von den Niederländern verdrängt. Diese brachten Han-Chinesen auf die Insel und nach dem Rückzug der Niederländer im Jahr 1662 etablierte sich hier eine Han-Kultur. In der Zeit des Tempelbaus wurden Schulen eingerichtet, in denen die Kinder in chinesischer Sprache und Kultur unterrichtet wurden. 1758 wurde ein Gesetz erlassen, das die Bewohner der Insel zwang, chinesische Kleidung zu tragen und chinesische Namen anzunehmen.
Die indigene Bevölkerung wurde in die Berge zurückgedrängt. Nach dem Ende des ersten chinesisch-japanischen Krieges 1894/95 begann eine 50-jährige japanische Kolonialherrschaft, die eine wirtschaftliche Erschließung mit dem Bau von Straßen und Eisenbahnen brachte. Nach dem Ende des 2. Weltkriegs wurde Taiwan von US-General Mc Arthur an die Republik China unter Oberbefehlshaber Chiang Kai-Shek übergeben. Heute sind 98 % der 24 Millionen Einwohner Taiwans chinesischer Abstammung.
Der Longshan Tempel ist der Göttin der Barmherzigkeit geweiht, es werden aber mehr als hundert verschiedene Gottheiten hier verehrt. Schnitzereien und Gemälde schmücken die Unterseite der Dächer und die Stützpfeiler. Überall auf dem Gelände findet man hochwertige Bronzestatuen und Steinbildhauereien. Die Ausrichtung der Tempelanlage erfolgte in Süd-Nord Richtung mit Vorhalle, Haupthalle und hinterer Halle, rechts befindet sich ein Glockenturm und links der Trommelturm.
Das ganze Jahr über werden viele Festivitäten abgehalten und der Tempel dient als sozialer Treffpunkt im Viertel.
MRT-Station Longshan Temple 艋舺龍山寺 (Blaue Linie)
Kräutermedizin und Schlangenfraß.
Nach dem Besuch des Longshan-Tempels gehe ich in die kleine Gasse rechts neben der Vorhalle. In der „Kräutermedizin-Gasse“ sind ein Dutzend Geschäfte angesiedelt, die über hundert unterschiedliche Heilkräuter aus der Traditionellen Chinesischen Medizin verkaufen.
Westlich des Tempels, auf der anderen Seite, befindet sich einer der interessanten Nachtmärkte von Taipeh. Der große „Huaxi Street Night Market“ bietet vor allem Meeresfrüchte, wie Seegurken, frittierten Tintenfisch, Krabbenspieße, dicke Tintenfischsuppe, Austernomelette und Langusten, außerdem Fische, Bällchen aus Gänsefleisch, andere Fleischbällchen und chinesische Kräuterküche.
Der Huaxi Street Nachtmarkt ist auch als „Schlangenmarkt“ bekannt. Es gibt zwei Restaurants die auf Schlangenfraß spezialisiert sind. Auf dem Tresen am Eingang windet sich schon gleich eine Riesenschlange. Rechts und links davon gibt es zahlreiche Käfige mit anderen Schlangenarten. Ich kann der Versuchung nicht widerstehen und nehme im Innenraum Platz und bestelle eine Portion.
Sie wird mir in einem Bambusrohr mit Reis serviert. Zum runterspülen habe ich vorsorglich ein Taiwan-Bier bestellt. Das Fleisch ist stark gewürzt und mit Kräutern angebraten. Die Schlange ähnelt Kalbfleisch, ist aber etwas zäher und fester.
Eine schöne Radtour entlang der Flüsse im Süden von Taipeh.
23. Tag: Heute möchte ich mir gerne ein Fahrrad ausleihen und den „Taipeh River Bikeway“ unter die Räder nehmen. Dazu muss ich erst einmal dem Taxifahrer am Hauptbahnhof klar machen wohin ich möchte. Leider versteht er mich überhaupt nicht. Auch sein Kollege blickt nicht durch. So zeige ich ihm auf dem Stadtplan auf den Punkt, wo ich den Radverleih vermute. An Ort und Stelle unterquere ich noch eine Hochstraße zu Fuß und stehe vor dem großen Fluss Tamsui.
Gleich links ist tatsächlich der Radverleih, rechts befindet sich die „Dadaocheng Wharf“, früher ein Handelsplatz für Baumwolle, Seide und Tee. Heute starten hier am Pier Ausflugsboote auf den Fluss.
Ich miete mir ein Tracking-Rad. Jetzt gibt es die Möglichkeit auf dem „Tamsui Riverside Bikeway“ und dem „Keelung Riverside Bikeway“ die Gegend nördlich der Innenstadt zu erkunden. Ich entscheide mich aber für die 2. Variante zum Taipeh Zoo, die in einem Bogen südlich der City entlang dreier Flüsse, in deren Mitte jeweils die Grenze zwischen Taipeh Stadt und dem Landkreis (heute Neu-Taipeh) verläuft.
Ich starte also auf dem „Tamsui Riverside Bikeway“ in Richtung Süden und durchquere den Yanping- und den Longshan Riverside Park auf einem perfekt asphaltierten Radweg. Ich befinde mich jetzt im Schwemmland an der Mündung des Xindian River in den Tamsui Fluss, einem Naturschutzgebiet für Zugvögel und Wildgänse. Es geht hier immer Mal wieder unter großen Flussbrücken mit geschwungenen Auffahrten durch. Auf dem „Xindian Riverside Bikeway“ radle ich danach weiter durch ein kleines Stadtwäldchen entlang des Nordufers des wesentlich schmaleren Flusses Xindian.
Auf offenem Gelände fahre ich dann an zahlreichen Sportplätzen vorbei, die Jedermann kostenfrei zur Verfügung stehen. Das Angebot reicht von Baseball über Basketball, Badminton, Softball und Tennis bis zu Fußball und wird von den Bewohnern von Taipeh eifrig und gerne angenommen. Anschließend führt der Radweg durch den grünen „Shuangyuan Riverside Park“ unter der Guangfu Brücke
MRT Main Station 台北車站 (Blaue und Rote Linie) – dann Taxi – Taibeishihebinzixingchezujie Radstation, 大稻埕碼頭 am Tamsui River // Karte dieser Radtour.
Auf dem Rückweg nehme ich ein Taxi zum Hauptbahnhof (2 Kilometer). Im Untergeschoss kaufe ich in einem Teeladen ein Päckchen Oolong-Tee, für den Taiwan das wichtigste Anbaugebiet ist. Der halb fermentierte Tee hat eine orangerote Farbe und einen fruchtigen Duft.
Seafood und Livemusik.
Am Abend zieht es mich erneut zum „Huaxi Night Market“. Vor einem Fischrestaurant setze ich mich zu einem netten Ehepaar an den Tisch und wir kommen sogleich ins Gespräch. Als ich zahlen will, stelle ich fest, dass Mr. Hoping Chang schon alles bezahlt hat. Ich kann mich nur noch für die großartige Gastfreundschaft bedanken und nach meiner Rückkehr ihm und seiner reizenden Frau aus Deutschland eine Grußkarte schicken.
Anschließend gehe ich in einen Club, in dem Live-Musik gespielt wird. Als einziger Europäer unter den vielen ungezwungenen Gästen werde ich sogar von den Musikern auf der Bühne extra begrüßt.
Das Nationale Palast Museum – wie die größten Schätze Chinas nach Taipeh kamen.
24. Tag: Für den Schluss meiner Reise hab ich mir für heute als Höhepunkt das „Nationale Palast Museum“ aufgehoben. Es liegt im Norden der Stadt und ist am besten mit dem Taxi zu erreichen.
Als der letzte chinesischen Kaiser Pu Yi 1924 die Verbotenen Stadt in Peking verließ, wurde dort das Palastmuseum für antike Kunstwerke gegründet. Nach dem Einmarsch der Japaner in die Mandschurei 1931 ließ die Republikanische Regierung unter Chiang Kai-Shek 13.491 Kisten mit Kunstschätzen aus Sicherheitsgründen in den Süden Chinas bringen. Als nach dem 2. Weltkrieg die Republikanische Regierung gegen die Maoisten im Chinesischen Bürgerkrieg zunehmend an Boden verlor, ließ Chiang Kai-Shek die wertvollsten Stücke des Kaiserpalasts in 3.000 Kisten auf die Insel Taiwan bringen. Wenig später flohen er und seine Nationalchinesen vor den Kommunisten und folgten den kaiserlichen Kunstwerken auf die Insel.
Das Nationale Palast Museum – die Ausstellung.
So können wir nun hier in Taipeh die schönsten chinesischen Kunstwerke sehen. Die meisten der 620.000 Objekte waren Teil der kaiserlichen Sammlung, vor allem aus der Ch’ing-Dynastie von 1644 bis 1911, aber auch aus älteren Epochen der Ming, Yüan und Sung Kaiser. Besonders sehenswert sind Stücke aus Jade, Porzellan, Bronze und Gemälde und Kalligrafien auf Papier und Seide. Die Vitrinen sind sehr belagert. Ein Museumsangestellter hat mich schließlich auf die Führung in englischer Sprache aufmerksam gemacht, die kurz vor Schließung der Pforten stattfindet. So konnte ich den kostbarsten Objekten, wie dem „Chinakohl mit Insekten aus Jade“ im kleinen Kreis der westlichen Besucher nahe rücken.
MRT Shilin 士林 (Rote Linie) – dann Taxi 國立故宮博物院 / 国立故宫博物院
Dann wird es Zeit zurück zum Hotel zu kommen, mein Gepäck abzuholen und weiter zum Flughafen hinaus zu fahren. Mein Flug verlässt Taiwan um 23:50 Uhr in Richtung Frankfurt am Main.
Service Taipeh:
Linienflug mit China Airlines ab Frankfurt nonstop nach Taipeh und zurück ab 806 € inkl. 23 kg Gepäck.
Linienflug mit Eva Air ab München nonstop nach Taipeh und zurück ab 820 € inkl. 23 kg Gepäck.
Kein Visum für Deutsche für Taiwan bei einem Aufenthalt von bis zu 90 Tage erforderlich.
*The Westin Hotel***** > geschlossen – Ein gutes Hotel in der Nähe ist das:
The Howard Plaza Hotel **** mit Pool – DZ bei DERTOUR ab 119 €.
Rundreise „Höhepunkte Taiwans“ 5 Tage ab/bis Taipeh bei DERTOUR ab 641 € pro Person im DZ.
MRT 3-Tages-Pass 11 €.
(Information und Buchung über „Urlaubssuche“)
Bei Buchung über diesen Link erhalte ich eine Provision – Vielen Dank!
Ich habe die Einwohner Taiwans als junge, aufgeschlossene und weltoffene Gesellschaft kennen gelernt und schätzen gelernt. Diesen Beitrag auf YouTue ansehen: https://youtu.be/sRFrnjRwY8Y
* von 2003 bis 2010 war der 101-Tower das höchste Gebäude der Welt. Meine Reise fand im März 2006 statt. Dieser Beitrag wurde im November 2024 überarbeitet – Tarifstand 1. Halbjahr 2025.
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