Straßburg – deutsch, französisch und europäisch
Straßburg war im Mittelalter ein bedeutendes Wirtschaftszentrum und ab dem Jahre 1262 freie Reichsstadt. Nach der Erfindung des Buchdrucks durch Johannes Gutenberg wurde Straßburg schnell zu einem bedeutenden Zentrum der Buchherstellung. Die Straßburger Drucker leisteten einen bedeutenden Beitrag zur Verbreitung der Reformation, dank der weitreichenden religiösen Toleranz der Stadt konnten hier schon früh Schriften von Martin Luther und anderen Reformatoren veröffentlicht werden.
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Die Universität wird im Jahr 1538 von dem protestantischen Gelehrten Johannes Sturm als protestantisches Gymnasium gegründet mit dem Auftrag Wissen zu verbreiten – ein Kerninhalt des Humanismus. Die Lehrstätte erlangte 1556 den Status einer Akademie, bevor sie 1621 zur Universität und anschließend zur königlichen Universität wurde.
1681 wurde die Stadt unter dem Sonnenkönig Ludwig XIV. von Frankreich besetzt. Die lutherische, deutsch geprägte Universität Straßburgs gab es aber weiterhin. Das Elsaß war außerdem bis zum Jahr 1789 durch eine entlang der Vogesen verlaufende Zollgrenze vom übrigen Frankreich getrennt, war also zollrechtlich Ausland, während es auf der anderen Seite keine Zollgrenze gegenüber dem Reich gab. Somit blieb die Stadt und ihr Umland kulturell deutsch geprägt und deutschsprachig.
Johann Wolfgang von Goethe studiert ab 1770 zwei Jahre in der elsässischen Metropole. Johann Gottfried von Herder und Jakob Michael Lenz lebten ebenfalls hier. In der Zeit der französischen Revolution wurde Straßburg zu einem Anziehungspunkt für deutsche Republikaner und zum Exil für deutsche Revolutionäre und Oppositionelle wie Georg Büchner.
Im 19. Jahrhundert verdreifachte sich die Bevölkerung auf 150.000. Im Jahre 1871, nach dem Deutsch-Französischen Krieg, wurde Straßburg vom neu gegründeten Deutschen Reich zur Hauptstadt von Elsass-Lothringen erklärt. Nach 1872 wurde die „Kaiser-Wilhelm-Universität“ wieder eröffnet und zu einer der bedeutendsten Hochschulen im Deutschen Reich. Straßburg wurde neben Köln und Metz zu einer der wichtigsten Festungen im Westen des Deutschen Reiches ausgebaut. Moderne Umwallungen wurden in die älteren Wallabschnitte aus der französischen Zeit miteinbezogen. Von den Wallanlagen sind heute Reste der Zitadelle von Vauban erhalten, vor allem aber auch große Teile der preußischen Befestigungen im Bereich des Bahnhofs.
In dieser Zeit konnte die politische Situation als sehr komplex bezeichnet werden. Die Mehrheit der elsässischen Bevölkerung stand einer Eingliederung in das neu gegründete Deutsche Reich skeptisch gegenüber, was sich in den Reichstagswahlen dokumentierte, in denen bis ins Jahr 1890 die Autonomisten, die der neuen politischen Ordnung ablehnend gegenüberstanden, die Mehrheit erhielten. Dann fand jedoch ein wirtschaftlicher Aufschwung statt, welcher die Bevölkerung mit der preußisch-deutschen Herrschaft versöhnte. Darüber hinaus zeigte eine effiziente deutsche Verwaltung, die im Gegensatz zur zentralistischen französischen Verwaltung auch den Gemeinden und Städten einen eigenen Gestaltungsspielraum ließ, ihre positiven Wirkung.
Nach dem 1. Weltkrieg wurde die Stadt ohne Volksabstimmung wieder Frankreich zugeschlagen gemäß dem „14 Punkte-Programm“ von US-Präsident Wilson. Zu Anfang des 2. Weltkriegs wurden alle Einwohner der Stadt evakuiert, wie auch in allen anderen grenznahen Orten. Straßburg blieb dann bis 1944 von der deutschen Wehrmacht besetzt. Nach dem Krieg wurde Straßburg wieder französisch und aufgrund des Engagements des langjährigen Oberbürgermeisters Pierre Pflimlin zum Symbol der deutsch-französischen Aussöhnung und der europäischen Einigung.

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Wir haben Besuch aus Asien und zeigen ihm gerne diese schöne Stadt mit ihrem prächtigen Münster, den zahlreichen Fachwerkhäusern und den wichtigen europäischen Institutionen. Wir übernachten im „Hotel Ibis Styles Strasbourg Centre Gare“ in der Rue du Maire Kuss Nr. 14. Unser Wagen kann zum ermäßigten Tarif in der Parkgarage des Bahnhofs abgestellt werden. Die Altstadt ist in wenigen Gehminuten erreichbar.

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Die Altstadt
wird von den Flussarmen der Ill umflossen. Wir schlendern durch das malerische Viertel „Petite France“. Früher lebten und arbeiteten hier Fischer, Müller und Gerber direkt am Wasser. Die herrlichen Fachwerkhäuser stammen aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Ihre steilen Dächer sind zu den Dachböden offen, auf denen früher oft Leder getrocknet wurde.
Ein besonders schönes Beispiel ist die „Gerwerstub“ von 1572, in dem sich heute das Restaurant „Maison des Tanneurs“ befindet, im Guide Michelin für seine gute elsässische Küche gelobt.
Zahlreiche Ausflugsboote mit voll verglasten Dächern bieten sich für beschauliche Rundtouren an. Am Gutenbergplatz ist ein historisches Karussell aufgebaut. Einheimische und Touristen haben ihren Spaß.
In der Rue Merciere ist im „Haus Bollinger“, einem schönen Fachwerkhaus, ein großer Laden für Kunsthandwerk und Souvenirs eingerichtet.
Das Münster war bis ins Jahr 1874 das höchste Gebäude und gehört heute noch zu den höchsten Kirchtürmen der Welt. Es wurde von 1176 bis 1439 aus rosa Vogesensandstein zuerst im romanischen, später im gotischen Stil erbaut. Besonders schön ist das hochgotische Hauptportal und die Engelspfeiler im Inneren, die das Weltgericht darstellen.
Das Haus Kammerzell am Münsterplatz ist das schönste Fachwerkhaus der deutschen Spätgotik, vergleichbar mit dem Knochenhaueramtshaus in Hildesheim, das aber nach dem Krieg wiederaufgebaut wurde, im Gegensatz zum Haus Kammerzell, bei dem die originale Bausubstanz erhalten geblieben ist.
Wir erreichen den Place Broglie, der sehr französisch anmutet mit den zahlreichen typischen Platanen. Hier befindet sich das Rathaus in dem im Jahr 1730 ursprünglich als ‚Hanauer Hof‘ für den Grafen von Hanau-Lichtenberg gebauten Gebäude.
Am Place Kléber, dem größten Platz der Innenstadt vorbei, gehen wir zurück zu unserem Hotel.
Der Bahnhof
Am Abend lassen wir uns die Besichtigung des modernisierten, außen futuristischen Bahnhofs nicht entgehen.
Vor das denkmalgeschützte Empfangsgebäude aus der Kaiserzeit im Stil der Neorenaissance wurde anlässlich der Eröffnung der „LGV Est européenne“ eine gewölbte Glasfassade gesetzt.
Seit dem 10. Juni 2007 fährt der TGV Straßburg an. Am Bahnhofsplatz essen wir in einem der zahlreichen Restaurants gepflegt zu Abend.
Die europäischen Institutionen
Bevor wir am nächsten Morgen heimfahren, besuchen wir das im Nordosten der Stadt gelegene Europaparlament.
Es befindet sich zusammen mit dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und dem Europapalast für den Europarat an der Ill, die auf dem Weg zur Mündung in den Rhein an den Gebäuden vorbeifließt.
Service Straßburg:
Bahnfahrt München – Straßburg und zurück 2. Klasse ab 65,80 €, 1. Klasse ab 87,80 €.
Hotel Ibis Styles Centre Gare DZ bei DERTOUR ab 108 € inkl. Frühstücksbuffet.
Trambahn 24Stunden-Ticket 4,60 € (3 Personen: 10,40 €).
Bootstour ab 14,90 €.
Straßburger Münster: Eintritt frei.
Die Altstadt von Straßburg gehört zum UNESCO Weltkulturerbe.
Diese Reise fand im April 2010 statt, zuletzt war ich in Straßburg im September 2014. Der Beitrag wurde im Oktober 2023 überarbeitet. Tarifstand: Herbst 2023. Diesen Beitrag auf YouTube ansehen: https://youtu.be/CL8mgwjCjVI
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Über eine Flusskreuzfahrt ab Straßburg bis Saarbrücken auf dem Rhein, dem Neckar, der Mosel und der Saar berichte ich in folgendem Beitrag:
Rhein, Neckar, Mosel und Saar – eine Flusskreuzfahrt
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to80countries
Hallo Michael,
Betr.: Straßburg – deutsch, französisch und europäisch
Was noch zu erwähnen wäre ist: ,,mit der Straßenbahn von Kehl nach Strasbourg„.
http://hornisgrinde.eu/strasbourg.html Grüssle aus dem Badner Land Paul .
Hallo Paul, vielen Dank für diesen Hinweis! Die Strecke wurde 2017 eröffnet. Für Tagesausflügler nach Straßburg (Park & Ride) ist das ideal. Viele Grüße, Michael
P.S.: Eine Empfehlung für meine Leser: Die Fotos von Paul sind wunderbar – schaut doch mal rein!