Kosovo und Montenegro – in den Schluchten des Balkan
Auf den Spuren von Kara Ben Nemsi durchquere ich die Schluchten des Kosovo und genieße echte Gastfreundschaft in Prizren und in einem abgelegenen Hochtal in den Schwarzen Bergen des Sandschak, bevor ich an die Donau weiterfahre.
Version 2024. Diesen Beitrag gibt es hier auch zum Hören (MP3):
Diese Autoreise begann am Ionischen Meer und führte mich durch das „Land der Skipetaren“ zum Ohridsee in Mazedonien.
Durch den jüngsten Staat Europas – den Kosovo.
10. Tag / 270 km: Heute begebe mich auf die Spur von Kara Ben Nemsi, der nach den Erzählungen von Karl May vor 125 Jahren mit seinem Gefährten Hadschi Halef Omar im heutigen Grenzgebirge zwischen Mazedonien und dem Kosovo den Schut und andere Schurken gejagt hat.
Auf der gut ausgebauten Hauptstraße erreiche ich von Ohrid aus die Grenze zum Kosovo nördlich von Skopje. Vom Zollbeamten werde ich herzlich auf Deutsch begrüßt und gebeten, eine Haftpflichtversicherung für mein Auto abzuschließen, da die Grüne Versicherungskarte hier nicht gilt. Einige Kilometer hinter der Grenze zweige ich von der jetzt sehr staubigen Hauptstraße auf eine nicht weniger staubige Nebenstraße Richtung Prizren ab.
Der Staub legt sich mit dem erneut einsetzenden Regen. Es geht ins Gebirge und auf der Passhöhe sieht man im dichten Nebel nur wenige Meter weit. Hinter einer tiefen Schlucht taucht Prizren auf. Ich wohne sehr zentral im „Hotel Cleon“ direkt am Ufer der Bistrica, gleich neben der Fußgängerzone um die „Sinan-Pascha-Moschee“ mit dem höchsten Minarett des Balkans.
Am anderen Flussufer liegt die „Muttergottes-Kirche Ljeviska“. Sie wurde im jugoslawischen Bürgerkrieg innen beschädigt, auf der Außenmauer ist Stacheldraht gespannt und sie ist nicht zugänglich. Von einem Mönch im Kloster Decan erfahre ich später, dass man den Schlüssel zur Besichtigung im Rektorat der Orthodoxen Universität bekommen kann. Die Kirche steht auf der Liste der gefährdeten UNESCO Weltkulturerbestätten.
An der Bistrica trinke einen Cappuccino in einem schönen Café für nur einen Euro. Nach der Rückkehr im Hotel unterhalte ich mich mit dem hilfsbereiten und sehr freundlichen Rezeptionisten Camer über sein Land, den Kosovo. Er berichtet mir, dass die nationale Identität noch nicht sehr ausgeprägt ist, dass viele Gäste aus seinem Land bei der Frage nach der Nationalität „albanisch“ angeben. Den Eindruck gewinnt man schon bei der Fahrt durchs Land, wo überall albanische Flaggen, aber so gut wie nie die des Kosovo zu sehen sind.
Abends esse ich im „Restaurant Besimi Beska“ an der großen Moschee und erfahre wahre Gastgeber-Kultur. Die Kellner sind sehr freundlich, gut ausgebildet und erklären mir Getränke und Speisen. So ist ein „Spicer“ eine Weinschorle. Ich bestelle eine Hühnersuppe mit Fladenbrot, einen großen Griechischen Salat und Köfte. Dazu bekomme ich noch Krautsalat, Pommes Frites und als Gruß des Hauses eine filetierte Orange. Mit Raki und Wasser zum Schluss zahle ich ganze 7,50 €.
11.Tag / 223 km: Ich verlasse Prizren in Richtung Nord-Kosovo. Der Regen hatte schon am Vorabend aufgehört, es ist bewölkt. In Decan biege ich zum Kloster ab. 500 Meter vor dem Kloster stoße ich auf einen Kontrollposten der „KFOR Truppen“ mit Panzersperre, Tarnnetz, einer Schranke und Panzerwagen. Auch der Zugang zum Kloster wird geschützt von der Kosovo Force der Nato und ich muss am Einlass meinen Ausweis abgeben. Den Rucksack muss ich im Fahrzeug lassen. Das Kloster selbst hat einen ringförmigen Grundriss, in der Mitte steht die Kirche. Sie wurde nie zerstört.
Die Wandgemälde im Inneren sind atemberaubend. Sie stammen aus dem 14. Jahrhundert und sind in aller Farbenpracht im Original erhalten. Ähnliches hatte ich zuvor nur in Bojana bei Sofia gesehen. Diese Kirche hier ist aber sehr viel größer und die Bilder reichen bis in die Kuppel in ungefähr 60 Meter Höhe.
Das Ensemble gehört zu recht zum UNESCO Weltkulturerbe. Ein freundlicher Mönch erklärt mir Einzelheiten. Er erwartet am Nachmittag hohen Besuch, die Patriarchen von Serbien und von Alexandria in Ägypten kommen in den Kosovo und besuchen das Kloster.
Service Kosovo:
Kurzversicherung für KFZ 15 €.
Hotel Cleon Prizren DZ mit Balkon, Parkplatz und Frühstück ab 55 €.
Kloster Decan Eintritt frei
Im geschäftigen Peja zweigt die Passstraße nach Montenegro ab.
In den Schwarzen Bergen – Montenegro
Im nächsten Tal erreiche ich den Hauptort des Sandschak Rozaje. Auf der Weiterfahrt betrete ich ein einfaches Kaffeehaus, das auch ein paar Stühle und Tische an der Durchgangsstraße stehen hat. Eine junge, rothaarige Frau fährt erschrocken auf, Fremde sind hier wohl eine Seltenheit! Ich möchte einen Cappuccino. Sie macht mir klar, dass sie nur Türkischen Kaffee zu bieten hat. Ich bestelle eine Tasse und setze mich draußen hin. Nach fünf Minuten kommt sie mit einem Handy. Ihr Vater ist am Apparat und sagt mir, dass man auch Nescafé zubereiten könne. Ich bedanke mich, bleibe aber bei meiner Bestellung. Als ich zahlen will, die Rechnung beträgt 50 Cent, kommt noch eine Freundin der jungen Frau in das Kaffeehaus, um mich zu begutachten.
Am kleinen See von Plav vorbei erreiche ich Gusinje, den letzten Ort vor dem Nationalpark. Hier besorge ich mir in einem großen Kramladen noch Proviant. Einige der angebotenen Waren sind schon über dem Verfallsdatum.
Über eine schmale Straße geht es hinauf ins Hochtal Gebaje. An der Mautstelle des „Prokletije Nationalpark“ entrichte ich einen kleinen Obolus. Oberhalb gibt es ein paar Wochenendhäuser und zwei Berggasthöfe. Beim Berggasthaus „Maja Karanfil“ habe ich eine kleine Holzhütte vorgebucht.
Die Hütte ist mit zwei Stockbetten, zwei Nachttischen, einen Holzofen und einem kleinen Bad mit Dusche und WC eingerichtet. Von der kleinen Terrasse aus hat man einen herrlichen Blick auf die umliegenden Berge. Der Berg Karanfili ist 2.490 Meter hoch.
In der Hütte neben mir wohnen Nena und Arthur aus Berlin. Die Hütte bewacht ein Hirtenhund, der wohl über die grüne Grenze mit einem Wanderer aus Albanien in dieses Hochtal gekommen ist und jetzt menschlichen Anschluss sucht. Er weicht den beiden nicht von der Seite. Zu uns gesellt sich später noch ein Ehepaar aus Bercy bei Paris, das mit VW-Bus und Fahrrädern unterwegs ist.
Im Berggasthaus gibt es von 8 Uhr bis 20 Uhr warme Küche. Drei Gerichte stehen zur Auswahl: Forelle aus dem Gebirgsbach, Kalbsschnitzel und Hühnchen, dazu Salat. Zum Frühstück ist das Omelette mit luftgetrocknetem Prsut-Schinken sehr gut. Man hat unterdessen meinen Ofen angeschürt.
12. Tag: Eine kleine Wanderung führt mich nach dem Frühstück an einer Almhütte vorbei hinauf in einen Talkessel am Ende des Hochtals. Die Berge bilden die Grenze zu Albanien. Hier sind die Kühe noch auf der Hochweide und beäugen mich neugierig.
Ich hatte mir einen Holzstock mitgenommen und so halten sie mich wohl für ihren Hirten, der sie zum Almabtrieb abholen will und folgen mir in gebührenden Abstand das Tal hinunter. An der Almhütte stürzt eine Frau mit Hausschuhen heraus und stoppt den Zug der Rinder mit einem Stock fuchtelnd. Sie treibt die Kühe schließlich zurück auf die Hochweide.
Neben meiner Hütte sehe ich meine Wäsche schon an Leinen im Wald hängen. Man hat sie mir, wie gewünscht, gewaschen und sogar aufgehängt.
Den Ofen schüre ich mir heute selbst ein. Die Kenntnisse dazu habe ich mir auf meinen zahlreichen Hüttenaufenthalten im oberbayerischen Längental erworben, das landschaftlich zu diesem Hochtal eine gewisse Ähnlichkeit hat. Nur sind hier die Berge höher und schroffer.
Service Prokletije Nationalpark:
Eintritt pro Tag 3 €.
Maja Karanfil Bungalow für 2 Personen ab 52 € inkl. Feuerholz und Frühstück.
13. Tag / 492 km: Als ich nach dem Frühstück aufbreche, gesellt sich ein Hirte zu mir, den ich in den Talort Gusinje mitnehme. Hinter Rozaje führt die Landstraße durch eine Schlucht, an deren Ende ich an der serbischen Grenze stehe.
Serbien – durch die Berge zur Donauebene.
Über eine Nebenstraße erreiche ich das Kloster Sopocani (UNESCO Weltkulturerbe). Hier habe ich mir mehr erwartet, der Umweg lohnt sich nicht, zumal ich auf der Suche nach einem Geldautomaten und auf dem Weg zurück zur Hauptstraße im dichten Verkehr von Novi Pazar feststecke.
Unterhalb von Novi Pazar wird zu allem Überfluss auch noch ein schönes Video produziert mit mir am Steuer. Ich war zu schnell unterwegs und bin einsichtig. Die Strafe beträgt 1.550 Serbische Dinar. Ich kann in einem Laden in der Nähe das Geld wechseln. Es sind umgerechnet 13 €, das Polizistenpaar ist ausgesprochen freundlich zu mir.
Bei Ucar biege ich auf die Nebenstraße zum Kloster Studenica ab. Der Abstecher lohnt diesmal. Die große ovale Anlage gilt als Wiege des serbischen Königreichs. Die Muttergotteskirche im Zentrum zieren bedeutende Fresken. Die Königskirche und die Nikolauskirche stehen daneben. Die äußeren Gebäude beherbergen das Kloster mit dem Refektorium.
Das Westtor wird von einem Wehrturm überragt. Die Anlage gehört zum UNESCO-Welterbe der Menschheit. Ich fahre zurück zur Hauptstraße. Eine Autobahn gibt es in diesem Gebiet nicht.
An einer Engstelle vor Erreichen der Donauebene steht die Burg Maglic. In Kraljevo gibt es in einem großen Supermarkt mit einem Geldautomaten und gleich danach auch eine Tankstelle. In Kragujevac erreiche ich dann den Autobahnzubringer zur A 1, die mich in die Metropole Belgrad an die Donau führt. Landkarte zu diesem Reiseabschnitt.
Über meinen Aufenthalt in Belgrad berichte ich hier: Belgrad – die Metropole an Donau und Save.
Auf der Heimreise werde ich noch die Hauptstädte Zagreb (Kroatien) und Laibach (Slowenien) besuchen.
Diese Reise fand im September/Oktober 2017 statt. Überarbeitet im Februar 2024 / Tarifstand: Sommer 2024. Diesen Beitrag auf YouTube ansehen: https://youtu.be/ilwKvRq18BU
Weitere Berichte aus Südost-Europa auf meiner Website:
- Montenegro – wunderbare Küstenlandschaft an der Adria
- Dalmatien – Urlaub an kristallklarem Wasser
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- Ohrid und sein See – Perle des Balkans
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