Ammersee – mein Lieblings-Radweg am Westufer
Der Ammersee ist mit 47 km² der zweitgrößte See im Fünf-Seen-Land und der nördlichste Voralpensee. Er ist gerade am Westufer nicht so stark besiedelt wie sein mondäner Bruder, der Starnberger See. Während dieser früher als „Fürstensee“ bezeichnet wurde, war der Ammersee der „Bauernsee“. Heute relativiert sich das etwas durch den Siedlungsdruck, der von der Metropole München (Entfernung 40 km) ausgeht.
Version 2024. Diesen Beitrag gibt es hier auch zum Hören (MP3):

Das Ostufer des Ammersees und das Westufer des Starnberger Sees sind zum Radeln weniger geeignet, umso schöner ist eine Radtour entlang des Ammersee-Westufers auf dem Ammer-Amper-Radweg.
Ich empfehle folgende Startpunkte: Für Autofahrer den Parkplatz an der Kaagangerstraße in Eching am Ammersee in der Nähe der Autobahn A 96 und für Bahnreisende den Bahnhof von Schondorf an der Ammersee-Bahn Augsburg-Geltendorf-Weilheim.
Nach Schondorf – dem schönsten Ort am Ammersee.
Am südlichen Ortsende von Eching wird aus der geteerten Straße ein unbefestigter Waldweg. Erst geht es leicht bergauf durch das Erholungsgebiet Weingarten und dann in einem leichten Bogen hinunter zum See. Der Radweg führt unter Bäumen am Ufer entlang nach Schondorf.

Wunderschön ist die Strandpromenade mit zahlreichen sonnigen Ruhebänken, der Minigolfanlage und den hölzernen, bunt gestrichenen Bootshäusern, die auf Stelzen stehen. An klaren Tagen reicht der Blick über den Ammersee bis zur Alpenkette mit Karwendel und Zugspitze.
Am Dampfersteg legt gerade der Raddampfer „Herrsching“ an. Erst im Jahr 2002 erbaut, soll er mit seinem nostalgischen Ambiente die Fahrgäste in die „gute alte Zeit“ zurückversetzen. Das Schiff verfügt er über 250 Sitzplätze und ist 54 Meter lang. Angefangen hat die Passagierschifffahrt 1877 mit einem zwölf Meter langen Flussdampfboot namens „Omnibus“.

An der Einmündung der Bahnhofstraße in die Seestraße steht das Haus des Kunstmalers Wilhelm Leibl. Der bedeutende Vertreter des Realismus in Deutschland verbrachte seine glücklichsten Jahre hier. Leibl war mit Gustave Courbet, Carl Schuch und den von mir sehr geschätzten Wilhelm Trübner befreundet.
Jetzt folgen wir der ruhigen Seestraße südwärts durch den schönen Ort mit seinen historischen Villen mit altem Baumbestand bis wir links auf den Uferweg abbiegen können, der für Kraftfahrzeuge gesperrt ist.
An der gepflegten Badewiese der Gemeinde fand man im Jahr 1924 bei Ausgrabungen eine 150 m² große Badeanlage einer römischen Villa Rustica aus dem 3. Jahrhundert n. Chr. Die frühesten örtlichen Funde, 14 Hügelgräber, reichen sogar in die Hallstattzeit von 750 bis 450 v. Chr. zurück. In der Römerzeit führte die Via Raetia von Augsburg über den Brenner nach Rom direkt durch die Orte hier am Westufer des Ammersees.
Gegenüber der Villa Rustica nehmen wir die kurze Treppe hinunter zum Gemeindesteg, einem herrlichen Platz zum Sonnenbaden und Schwimmen.
Utting – von der Alten Villa zur Seepromenade.
Auf dem Radweg erreichen wir nach einigen Minuten das Freizeitgelände von Utting mit einer Segelschule und Bootsverleih, dem Tennis-Club, der Bayerischen Segelvereinigung e.V. und dem gepflegten Campingplatz mit dem Pavillon am See. Wenige hundert Meter weiter gibt es schon die nächste Einkehrmöglichkeit im schattigen Biergarten am See rund um die „Alte Villa“. Gleich rechts dahinter befindet sich das Haus der Fischerei Marx, wo ich gerne frische Renken aus dem Räucherofen kaufe.
Vor dem Ortskern von Utting liegt das „Alte Strandbad“ mit einem hölzernen 10-Meter-Sprungturm. Kurz vor dem Dampfersteg lockt „Lenas am See“ mit einer schönen Terrasse. Auch hier gibt es eine Seepromenade mit Ruhebänken.
Ein Blick auf Bayerns Heiligen Berg – Kloster Andechs.
Auf der anderen Seite des Ammersees sieht man das Kloster Andechs auf Bayerns Heiligem Berg. Auf diesem Bergrücken stand einst eine Burg, die im Jahr 1208 zerstört wurde. 1388 fand man unter dem Altarstein der ehemaligen Burgkapelle einen bedeutenden Reliquienschatz mit drei Heiligen Hostien, worauf die Wallfahrt auf den heiligen Berg einsetzte.

35 Jahre später wurde hier eine spätgotisch dreischiffige Wallfahrtskirche errichtet, auch der erste Gasthof eröffnete noch in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Im Jahr 1455 übernahmen die Benediktiner die Betreuung der Wallfahrt und gründeten das Kloster. Zum 300-jährigen Jubiläum bekam die Kirche ihre heutige prächtige Rokokoausstattung durch den großen Baumeister Johann Baptist Zimmermann. Unter Bayerns Wallfahrtsorten ist das Kloster Andechs die Nummer zwei nach Altötting.
Die große Beliebtheit des Ortes geht sicher auch auf das in Andechs gebraute Bier zurück. Spezialität der größten originalen Klosterbrauerei Deutschlands ist der dunkle Doppelbock. Er wird im Bräustüberl zusammen mit einer zünftigen Brotzeit ausgeschenkt, aber auch im gepflegten Klostergasthof mit einer schattigen Terrasse und herrlicher Aussicht auf das Alpenpanorama.

In der Schmerzhaften Kapelle des Klosters sind zwei Herzöge aus dem Hause Wittelbach und ihre Familienangehörigen bestattet, dazu Kronprinz Rupprecht und der Komponist Carl Orff.
Von der Künstlerkolonie Holzhausen in das Seeholz.
Wir folgen dem Radweg weiter auf der Eduard-Thöni-Straße am Augsburger Segler Club e.V. vorbei, zunächst leicht bergauf und vor der Bahnschranke dann links in den Wald hinunter, in Richtung Holzhausen.

An der nächsten leichten Kurve sieht man einen Wegweiser, der nach links zum Künstlerhaus Gasteiger weist. Das Anwesen des Künstlerehepaares Gasteiger wurde in den Jahren 1902 bis 1913 mit einem Landschaftspark, Wohnhaus mit Wirtschaftsgebäuden und einem umgebenden Bauerngarten als schönes Ensemble im Münchner Jugendstil direkt am Seeufer geschaffen. Das Museum in den Jugendstil-Räumen beherbergt historische Fotografien, eine Auswahl von Skulpturen Mathias Gasteigers und eine Sammlung mit Gemälden seiner Frau Anna Sophie Gasteiger.
Die idyllische Lage am Ammersee und die Nähe zu München machten Holzhausen zu einem beliebten Refugium der Mitglieder der Künstlervereinigung Scholle und des Simplicissimus.

Die größeren Gebäude in einer 40.000 m² großem Parkanlage hinter dem Fußweg der zum Dampfersteg führt gehören zum BVS Bildungszentrum der Bayerischen Akademie für Verwaltungsmanagement. Auf der ruhigen Seeholzstraße entlang der Bahnstrecke erreichen wir das Naturschutzgebiet Seeholz. Nach einem kurzen Gefälle passieren wir die schmale Brücke über den Kreutbach.
Die über 300 Jahre alten Eichen bildeten zusammen mit Buchen, Eschen und Bergahorn früher einen Hutewald, der dem Vieh als Weide diente und so begehrtes Futter wie Eicheln und Bucheckern bereit hielt. Heute bieten abgestorbene Äste, morsche Stämme, Höhlen und Spalten vielen Tieren Nahrung und Platz zum Wohnen. Hier leben sechs Spechtarten: Schwarzspecht, Grünspecht, Grauspecht, Buntspecht und die seltenen Mittel- und Kleinspechte. Wir passieren noch den Wolfgraben, bevor wir in die nächste Siedlung kommen.
Von Riederau durch das malerische St. Alban nach Dießen.
Das Bahnhofsgebäude von Riederau aus dem Jahr 1938 steht unter Denkmalschutz. Vorher gab es hier an der 1898 eröffneten Strecke der Ammersee-Bahn nur eine Wellblechhütte. Schräg gegenüber befindet sich das Strandbad Riederau mit einem hübschen Seepavillon und dem Dampfersteg.
Wir folgen dem Seeweg Süd an der Bahn entlang. Links steht in guter Lage das Café Restaurant Seehaus. Alte knorrige Weiden spenden Schatten und der Schilfgürtel schützt vor Wind vom See. Die Küche an diesem Ort wurde seit 1973 vom Bretonen Hubert Houillot durch seine Kreativität geprägt. Heute hat er den Posten als Chef de Cuisine in jüngere Hände gegeben, bleibt aber Patron des Seehauses.
Der nächste Haltepunkt der Bahnstrecke wurde erst im Jahr 2006 eingerichtet, als das an der Westseite der Gleise gelegene neue Ammersee-Gymnasium seinen Betrieb aufnahm. Hinter dem Strandbad mit seiner schönen Liegewiese biegen wir links ab und fahren wieder direkt am See entlang.
In schönster Lage steht hier die Wallfahrtskirche St. Alban aus dem Jahr 1480, die von 1736 bis 1739 renoviert und barockisiert wurde. In St. Alban befindet sich ein Kloster der Benediktinerinnen, ein Schwesternheim mit Jugendstilelementen aus dem Jahr 1904 von Walter Sartorius und der Bootsverleih Ernst.
Hier wird der Radweg wieder unbefestigt und zieht zu einem kleinen Hügel hinauf mit ein paar Ruhebänken und herrlicher Aussicht.

Auf der geteerten Seestraße geht es dann auf die Strandpromenade von Dießen. Alljährlich findet hier ein großer Töpfermarkt statt. Der Dampfersteg ist der südlichste Haltepunkt der Ammersee-Schifffahrt. Auf der kleinen Bogenbrücke über den Dießener Mühlbach fahren wir weiter am Strandhotel Dießen vorbei zum Parkplatz am MTV Sportgelände.
Auf dem Beobachtungsturm im Naturschutzgebiet am Südufer.
Hier lassen wir unsere Drahtesel stehen und gehen zu Fuß weiter auf dem Bohlenweg hinein ins Naturschutzgebiet »Vogelfreistätte Ammersee-Südufer«. Nach knapp 10 Minuten stehen wir vor dem hölzernen Beobachtungsturm und steigen hinauf auf die Aussichtsplattform.
Das Naturschutzgebiet ist eines der bedeutsamsten Feuchtgebiete Bayerns. Am Ufer, im Schilf und in den Wiesengebieten finden viele Vogelarten wie Graugans, Stockente, Haubentaucher, Blässhuhn, Lachmöwe, Flussseeschwalbe, Höckerschwan, Kiebitz, Teichrohrsänger oder Schwarzkehlchen Platz zum Brüten

und im Frühjahr und Herbst machen viele Zugvögel hier Rast, darunter Silberreiher, Großer Brachvogel, Bienenfresser und Stelzenläufer. Bei meinem letzten Besuch blühten auf den Wiesen die Schwertlilien (Iris Sibirica). Karte Radweg.
Ein Juwel des bayerischen Barock – das Marienmünster.
Jetzt sind 17 Kilometer Strecke zurückgelegt. Wer noch genügend Energie hat, dem empfehle ich die Fahrt zum Marienmünster von Dießen, das circa 1,5 Kilometer vom Ammersee entfernt im oberen Teil des Ortes liegt.
Die Grafen von Dießen verlegten Anfang des 12. Jahrhunderts das in St. Georgen bestehende Kloster der Augustiner auf die Anhöhe über dem Ammersee. Nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges wurde das Kloster erweitert. Das Augustiner-Chorherrenstift bestand durchgehend fast 700 Jahre bis zur Säkularisation. Danach fand eine Brauerei mit angeschlossener Gastwirtschaft hier Platz. Von 1917 bis 2014 wurden die alten Konventsbauten von den Barmherzigen Schwestern aus Augsburg belegt.
Als glänzender Mittelpunkt der Anlage wurde ab dem Jahr 1732 die Klosterkirche Mariä Himmelfahrt, das heutige Marienmünster erbaut. An den Plänen wirkten die Gebrüder Asam und der Hofbaumeister François Cuvilliés planend mit. Geleitet und bis 1739 fertiggestellt wurden die Arbeiten von Johann Michael Fischer, dem bedeutenden süddeutschen Baumeister im Übergang vom Spätbarock zum Rokoko.
Das 70 Meter lange Kirchenschiff des Marienmünsters wurde reich mit Stuckaturen der Wessobrunner Meister Franz Xaver und Johann Michael Feichtmayr und Johann Georg Üblhör ausgestattet.
Die Deckenmalereien mit Szenen aus der örtlichen Kirchengeschichte sind das Hauptwerk von Johann Georg Bergmüller, der sich im Malerkittel darauf selbst verewigt hat.
Die Bilder der Seitenaltäre stammen von so bekannten Malern wie Johann Evangelist Holzer, Georges Desmarées und den Venezianern Giovanni Battista Tiepolo und Giovanni Battista Pittoni. Die Kanzel wurde von Johann Baptist Straub und die Orgel von Caspar König gefertigt.
Service Ammersee:
Anreise ab Augsburg Hbf (direkt in 47 Minuten) und München Hbf/Starnberger Flügelbahnhof (über Geltendorf – Fahrzeit 46 Min).
Bayern-Ticket 29 €, pro Mitfahrer 7,50 – 10 €.
Fahrradkarte Bayern 6,50 €.Super-Sparpreis ab Frankfurt nach Dießen 2. Kl. ab 24,90 €, 1. Klasse 32,90 €.
Ammerseehäuser Dießen DZ bei DERTOUR ab 149 € inkl. Frühstück.Schifffahrt Große Rundfahrt (zweimalige Unterbrechung möglich) 25 €.
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Dieser Beitrag wurde im April 2024 überarbeitet. Tarifstand: Sommer 2024. Diesen Beitrag auf YouTube ansehen: https://youtu.be/HtgQS5QIUpU
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