Der Olympiapark in München wird 50
Der Olympiapark war der Mittelpunkt der 20. Olympischen Sommerspiele 1972, dem größten Ereignis in meiner Heimatstadt München. Bis heute ist das Olympiagelände, wie wir Münchner sagen, Schauplatz vieler Veranstaltungen und Konzerte und mit seinen sonnigen Spazierwegen eines der beliebtesten Erholungsgebiete der Stadt. Folgen Sie mir auf einen Rundgang und eine Zeitreise durch den Olympiapark.
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Meine Empfehlung für einen Rundgang.
Olympia-Eisstadion – Willi-Daume-Platz – Luz-Long-Ufer (Munich Olympic Walk of Stars) – Olympiaturm – Coubertinplatz (Zeltdach/Olympiahalle/Olympia-Schwimmhalle/Theatron) – Olympiastadion – Spiridon-Louis-Ring (Tollwood-Gelände/Ost-West-Friedenskirche) – Olympiaberg – Willi-Gebhardt-Ufer (Olympiasee/Bootsverleih) – Willi-Daume-Platz (Sea Life).
Als Kinder aus dem Stadtteil Neuhausen waren wir im Sommer häufig auf dem Oberwiesenfeld mit dem Rad und im Winter mit Schlitten und Ski an den Hängen des Schuttbergs unterwegs. Interessant war es auch, den kleinen Privatflugzeugen auf dem Flugplatz Oberwiesenfeld beim Starten und Landen zuzusehen. Bis zur Eröffnung des Flughafens München-Riem war dies sogar der Verkehrsflughafen von München. Im März 1968 hob das letzte Flugzeug vom Flugplatz Oberwiesenfeld ab.
Das Eisstadion im Olympiapark.
Wir beginnen unseren Rundgang beim Osteingang zum Olympiapark am Eisstadion, dessen Bau schon vor der Bewerbung für die Olympischen Spiele begonnen wurde. Es wurde im Februar 1967 eingeweiht. 1969 fanden hier die Tischtennis-Weltmeisterschaften statt. Während der Olympischen Spiele diente es als Boxhalle.
Heute ist es die Heimstatt des EHC Red Bull München, der in der Eishockey Bundesliga spielt. Angebaut ist die 1991 fertiggestellte Trainingshalle, in der sich die öffentliche Eisfläche für den Publikumslauf befindet. Zum Komplex gehört noch die Indoor-Fußball-Halle „SoccArena“ und ein gepflegter Minigolfplatz.
Der Fernsehturm – heute Olympiaturm.
200 Meter westlich vom Eisstadion steht der Fernsehturm, das zweite vorolympische Bauwerk im Olympiapark. Im August 1965 war die Grundsteinlegung, im Dezember 1965 war der Turm bereits 151 Meter hoch. Oberhalb wurden zwei Turmkörbe angebaut, die untere Kanzel trägt Fernmeldeeinrichtungen, die obere die Aussichtsplattformen und das Drehrestaurant. Es wurde im Februar 1968 eröffnet und verfügt über 230 Plätzen in 181 Metern Höhe. Eine Umdrehung dauert 53 Minuten, in denen die Gäste sanft das 360-Grad-Panorama genießen können.
Im Turm gibt es drei Aufzüge, darunter zwei Personenaufzüge für maximal 30 Personen, die 32 Sekunden zur geschlossenen Besucherplattform in 185 Metern Höhe benötigen. Hier befindet sich seit 2004 ein Rockmuseum und ein Fotostudio. Ein Stockwerk höher gibt es noch eine offene Aussichtsplattform. Am Fuß des Turms lädt ein Restaurant mit großer Terrasse zu einer Pause ein.
Die 20. Olympischen Spiele – Idee, Bewerbung, Zuschlag und Planung.
Die XX. Olympischen Spiele in München sollten ein heiteres Fest der Musen und des Sports werden, eine Bühne für die gesamte Bundesrepublik als neues, demokratisches, liberales und menschliches Land. Neu war das Konzept Olympischer Spiele im Grünen, erstmals auch unter Berücksichtigung ökologischer Gesichtspunkte.
Im Februar 1967 wurde ein Architektenwettbewerb ausgeschrieben, den das Architekturbüro Behnisch & Partner gewann. Drei große Sportstätten, das Olympiastadion, die Olympiahalle und das Schwimmstadion, sollten unter einer raffinierten Zeltdachkonstruktion als Zentrum des Olympiaparks spielerisch vereinigt werden.
Frei Otto, deutscher Architekt und Pionier des ökologischen Bauens und insbesondere von Hängekonstruktionen in Leichtbauweise, lieferte mit dem deutschen Pavillon auf der EXPO 67 in Montreal das Vorbild und wurde ins Team um Behnisch gerufen. Wichtig war allen Beteiligten der Gegensatz zur monumentalen Architektur der Olympiabauten der Nazi-Olympiade von Berlin 1936 mit ihren martialischen Aufmarschplätzen. Außerdem waren durch den brillanten Entwurf die „Spiele der kurzen Wege“ und eine effektive Nachnutzung der Anlagen gewährleistet.
Die Hälfte der Dachkonstruktion überspannt das Olympiastadion, das in einen Hügel hineingebaut wurde. Zwei 70 Meter hohe und mehrere kleinere Masten am Rand der Tribünen spannen das Zeltdach und sorgen dafür, dass auf den 43.000 überdachten Plätzen die Sicht auf den Innenraum nicht eingeschränkt ist. Seine lichtdurchlässigen, blaugrauen Acrylglasplatten werfen zudem keine unerwünschten Schatten auf die Spielstätten.
Nach Sprengung des Terminalgebäudes des Flughafens Oberwiesenfeld wurde ab Juni 1969 mit den Bauarbeiten begonnen. Am 26. Mai 1972 wurde das mit 80.000 Zuschauern gefüllte Olympiastadion mit dem Fußball-Länderspiel zwischen Deutschland und der UdSSR feierlich eröffnet.
Dann war es soweit: Am 26. August 1972 eröffnete Bundespräsident Gustav Heinemann hier die Olympischen Spiele nach dem farbenfrohen Einmarsch von 7.100 Sportlern aus 122 Nationen unter den Klängen des Orchesters Kurt Edelhagen, angekündigt vom Stadionsprecher Hans Joachim Fuchsberger. Im Stadion fanden die Wettkämpfe der Leichtathleten und die meisten Fußballspiele statt. Vor der Abschlussfeier zogen noch die Reiter ein, um den Preis der Nationen auszutragen.
Nach den Olympischen Spielen war der FC Bayern München bis 2005 Hauptnutzer des Olympiastadions. Auch der Lokalrivale TSV 1860 und die deutsche Fußballnationalmannschaft trugen hier zahlreiche Spiele aus. Während der Fußball WM 1974 fanden im Olympiastadion drei Spiele der Vorrunde, das Spiel um Platz drei und das Finale statt. Bei der Fußball-Europameisterschaft 1988 waren es ein Vorrundenspiel und das Finale.
Die deutsche Fußballnationalmannschaft trug insgesamt 14 Spiele im Olympiastadion aus. Drei Mal fand das wichtigste Endspiel der europäischen Vereinsmannschaften hier statt. Nottingham Forest gewann 1979 gegen Malmö FF den Europapokal der Landesmeister, Olympic Marseille 1993 gegen den AC Mailand die Champions League und Borussia Dortmund 1997 ebenfalls das Endspiel der Champions League gegen Juventus Turin. 2005 wurde die Allianz-Arena im Norden von München eröffnet. 2012 gab es dann noch das Champions-League-Finale der Frauen im Olympiapark, während das Endspiel der Herren zwei Tage später in der Allianz-Arena ausgetragen wurde.
Im Jahr 2002 fanden im Olympiastadion die Leichtathletik-Europameisterschaften vor insgesamt 303.900 Zuschauern statt. Auch mehrere deutsche Meisterschaften und zwei Europacups fanden großes Publikumsinteresse.
1989 kam es hier zum Speedway Weltfinale, 2007 zum Stock-Car Grand Prix und 2011 und 2012 zu Läufen der DTM und zum Snowboard-Festival Air-Style. Legendär sind die Open-Air-Konzerte im Olympiastadion. Allein sieben Mal traten die Rolling Stones auf, sechs Mal Bon Jovi, fünf Mal Bruce Springsteen und Robin Williams und viermal Michael Jackson. Pink Floyd war genauso zu sehen wie Rammstein, U2, Metallica und Helene Fischer.
Rock im Park und andere Festivals fanden hier statt. Ich selbst war mehrfach bei Bon Jovi und einmal bei Celine Dion. Das Olympiastadion war u.a. Schauplatz eines Deutschen Katholikentages, eines evangelischen Kirchentages und einer Papstmesse mit Johannes Paul II.
Die Olympiahalle
Die Olympia-Schwimmhalle – die Bühne von Mark Spitz.
Hier fanden alle olympischen Schwimm- und Sprungwettbewerbe und die Endspiele im Wasserball statt. Überragender Sportler der Olympischen Spiele 1972 war der US-Amerikaner Mark Spitz. Er gewann sieben Goldmedaillen in den Schwimmwettbewerben jeweils in neuer Weltrekordzeit.
Seit 1973 stehen die Einrichtungen der Olympia-Schwimmhalle mit ihrem 50 Meter-Becken, einem separaten Nichtschwimmerbecken, dem Wassersprungbecken mit einem 10-Meter-Sprungturm mit fünf Plattformen und sieben Sprungbrettern, ein 20 m² Whirlpool und verschiedenen Saunen der Öffentlichkeit zur Verfügung.
Im Freien gibt es eine Liegewiese, eine Kletterwand, eine Trampolinanlage und Tischtennisplatten. Im Sommer und Herbst 2020 war ich oft zum Schwimmen hier im Olympiapark.
Der Olympiasee.
Die künstlich angelegte, hügelige Landschaft des Olympiaparks ergänzt die großartige Architektur der Olympiabauten aufs Beste. Zentrale Achse in West-Ost Richtung ist der Nymphenburg-Biedersteiner Kanal, der das Wasser der von der Würm gespeisten Kanäle, Bäche, Seen und Springbrunnen im Schlosspark von Nymphenburg in Richtung Isar ableitet. Auf Höhe des Olympiastadions erweitert sich der Kanal zu dem ein Kilometer langen Olympiasee.
Unterhalb der Olympia-Schwimmhalle liegt die Seebühne und das halbrund in den Hang gebaute Theatron, ausgelegt für 5.000 Besucher. Während der Olympischen Spiele gab es hier ein kostenloses Kulturprogramm mit Musik, Tanz und Theater. Seit 1974 steigt hier jeden Sommer das beliebte Theatron-Festival mit Rock-, Pop- und Jazzmusik. Neben zahlreichen talentierten Nachwuchsbands habe ich hier auch schon die einen oder anderen etablierten Musikgrößen musizieren gesehen, wie die bekannte Krautrockband Guru Guru. Der Eintritt ins Theatron ist frei.
Vor dem Eingang zum Olympiaturm befindet sich direkt am Seeufer der 400 Meter lange „Munich Olympic Walk of Stars“ mit über 80 Zementplatten mit den Handabdrücken und Signets von Prominenten, die sich um den Olympiapark verdient gemacht haben, darunter viele Stars aus dem Musikgeschäft. Schräg gegenüber befindet sich ein Tretbootverleih.
Am westlichen Ausfluss des Olympiasees befindet sich als relativ neue Attraktion seit 2006 „Sea Life“. Hier gibt es die größte Haidichte in Deutschland mit über 20 verschiedenen Hai-Arten. Im und um das Schiffswrack leben Oktopusse, Japanische Seespinnen, Rotfeuerfische und Wrackbarsche. In einem großen Becken leben einheimische Fischarten aus Isar und Donau und auf einer Tropeninsel gibt es verschiedene Schildkröten zu sehen.
Der Olympiaberg.
Südlich des Olympiasees befindet sich der 60 Meter hohe Olympiaberg. Er wurde nach dem 2.Weltkrieg bis ins Jahr 1957 mit dem Schutt und den Trümmern der in der Stadt zerstörten Häuser aufgeschichtet und anschließend begrünt. Zu den Olympischen Spielen wurde der Schuttberg in den Olympiapark integriert. Von seinem Gipfel hat man einen schönen Ausblick auf das Olympiagelände und die Stadt, der bei klarem Wetter oder Föhnlage bis zur Alpenkette reicht.
1986 und 1987 fand an seinem Nordhang ein Show-Parallelslalom der alpinen Skidamen, 2001 ein Weltcup-Parallelslalom der Snowborder und 2011 und 2013 ein City Event des Alpinen Skiweltcup vor jeweils 20.000 Zuschauern statt.
Weitere Bauten auf dem Olympiagelände.
Die Werner-von-Linde-Halle westlich des Olympiastadions ist mit ihm durch einen Tunnel verbunden und diente während der Olympischen Spiele als Aufwärmhalle der Leichtathleten. Sie ist heute eine Leichtathletik-Trainingshalle. Daneben befindet sich die Olympia-Tennisanlage mit 14 Sandplätzen.
Die Kleine Olympiahalle war ein Anbau der Olympiahalle, die 2011 durch eine größere unterirdische Veranstaltungshalle für bis zu 4.000 Personen ersetzt wurde.
Am Westrand des Olympiaparks befand sich die das Olympia-Radstadion. Es verfügte über eine Bahn aus westafrikanischem Edelholz. Die Bahn und die Tribünen waren überdacht, der Innenraum nicht. Hier gelang bisher keine kostendeckende Nachnutzung trotz verschiedenartiger Konzepte und entsprechende Umbauten. Das Olympiaradstadion wurde letztlich im Jahr 2015 abgerissen.
50 Jahre nach den Olympischen Spielen soll im Sommer 2022 an dieser Stelle eine neue Sportstätte eingeweiht werden, der SAP Garden mit einem Fassungsvermögen von 12.500 Besuchern. In dieser Mehrzweckhalle sollen dann der EHC Red Bull München und das Basketballteam des FC Bayern München ihre Heimspiele austragen.
In der Nachbarschaft: Das Olympische Dorf.
Das Olympische Dorf war für die Unterbringung der Sportler und Journalisten nördlich des Olympiaparks gebaut worden. Die Terrassenwohnanlage mit bis zu 12 Stockwerken fällt stufenweise nach Süden ab und geht schließlich mit einem Bereich von eingeschossigen Bungalows in eine Grünanlage über. Die Oberfläche ist autofrei gestaltet, die Zubringerstraßen laufen unterirdisch. Dort befinden sich auch die Parkplätze. Gut die Hälfte der beliebten 3.500 Wohneinheiten verwaltet heute das Studentenwerk München.
Am frühen Morgen des 5. September 1972 drangen acht palästinensische Terroristen in das Appartement der israelischen Olympiamannschaft ein und nahmen elf Geiseln (siehe: Das Olympia-Attentat).
Olympische Sportstätten außerhalb des Olympiaparks.
Die für Basketball konzipierte Rudi-Sedlmayer-Halle befindet sich am Westpark, die Regattastrecke in Oberschleißheim, die Schießanlage in Hochbrück, sowie die Olympia-Reitanlage in Riem. Im Schlosspark von Nymphenburg fanden die Wettbewerbe im Dressurreiten statt, der Marathonlauf führte großteils durch die Hirschau und den Englischen Garten und die Wettbewerbe des Straßenradrennens wurden auf dem Grünwald-Rundkurs (Einzel) und auf der Garmischer Autobahn (Mannschaft) durchgeführt. Für die Kanuslalom-Wettbewerbe wurde der Augsburger Eiskanal und für die Segelwettbewerbe an der Ostsee bei Kiel das Olympiazentrum Schilksee gebaut.
Bedeutung und Nutzung aus heutiger Sicht.
Das Münchner Olympiagelände ist das Wahrzeichen der Bundesrepublik Deutschland, ein architektonisches Symbol für die geistige Freiheit, die gelebte Demokratie und die heitere Offenheit meines Geburtslandes in den späten Sechziger, den Siebziger und Achtziger Jahren nach Nazi-Diktatur, dem verheerenden Krieg und dem schwierigen Wiederaufbau.
Bis heute fanden im Olympiapark über 12.000 Veranstaltungen mit mehr als 200 Millionen Besuchern statt. Es gab hier 31 Weltmeisterschaften, 12 Europameisterschaften und 100 deutsche Meisterschaften, dazu die zahllosen Konzerte, Ausstellungen und weitere Veranstaltungen.
Tarifstand: Mai 2021.
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