Auf dem Weg – Altötting
Auf der Rückfahrt von Burghausen nach München legen wir einen Stopp im bedeutendsten Marienwallfahrtsort Deutschlands ein. Wir besuchen in Altötting den Kapellplatz mit der Gnadenkapelle. Vom Bahnhof sind es nur 600 Meter zu Fuß.
Version 2024. Diesen Beitrag gibt es hier auch zum Hören (MP3):
Grabfunde aus der Urnenzeitkultur um das Jahr 1.000 v. Chr im Norden des Kapellplatzes, bajuwarische Reihengräber im Süden und Reste einer Umzäunung aus Holz lassen an der Stelle der Gnadenkapelle auf eine frühere Keltenschanze oder auf einen altgermanischen Dingplatz als Versammlungsort und Gerichtsstätte schließen.
Die fruchtbaren Weiden, fischreichen Gewässer und der angrenzende Wald mit seinen Jagdmöglichkeiten begünstigten die Ansiedlung ebenso, wie die durch die Gegend führende Handelswege für den Salzexport aus Hallstadt, Hallein und Reichenhall. Ab dem frühen 6. Jahrhundert regierten die Bajuwaren Südbayern durch die Agilolfingerherzöge von Regensburg aus, Altötting war eine ihrer Pfalzen.
Der Bau der Kapelle, die Geschichte der Wallfahrt und die Schwarze Madonna.
Hier bauten sie nach dem Jahr 700 eine achteckige herzogliche Taufkapelle nach dem Vorbild der frühbyzantinischen Kirche San Vitale in Ravenna. Nach der Unterwerfung der Bajuwaren unter die Herrschaft von Karl dem Großen behielt Altötting seine Bedeutung bei. In der karolingischen Zeit wurde die Stadt ab 865 gar Königssitz unter Karlmann, dem Enkel von Karl des Großen, König über Bayern und Italien. Er stiftete ein Kloster mit einem großen Kirchenschatz, darunter eine Armreliquie des heiligen Apostels Philippus. So wurde Altötting eines der Wallfahrtsziele, an denen Apostelreliquien verehrt wurden.
Im 14. Jahrhundert kam die aus Lindenholz geschnitzte 66 cm große Madonnenfigur nach Altötting. Sie wurde um 1330 am Oberrhein im Stil der Frühgotik gefertigt und ist neben der natürlichen Nachdunklung des Holzes vor allem vom Kerzenruß der Jahrhunderte geschwärzt und wird deshalb auch als „Schwarze Madonna“ verehrt. Maria hält in ihrer linken Hand ein Zepter mit einer Lilienblüte als Zeichen ihrer Jungfräulichkeit. Das Jesuskind auf ihrem rechten Arm trägt eine Himmelskugel als Zeichen der Allmacht Gottes. Im Jahr 1489 gibt es Berichte von zwei aufsehenerregenden Heilungswundern, die die Wallfahrt nach Altötting belebten.
Bereits seit 1518 wird die Altöttinger Madonna mit kostbaren Gewändern, den sogenannten Gnadenröckln, bekleidet. Wittelsbacher-Prinzessinnen opferten nach ihrer Hochzeit, der traditionsgemäß eine Wallfahrt nach Altötting voraus ging, ihr Brautkleid dafür.
Seit der Barockzeit tragen sowohl die Muttergottes als auch das Jesuskind kunstvolle Kronen, die mit Edelsteinen geschmückt sind. Viele dieser Schmuckstücke stammen aus dem Haus Wittelsbach, das die Wallfahrt immer sehr unterstützte. Die silbernen Herzurnen von drei Wittelsbacher Kurfürsten, sechs Königen und einem Kaiser werden im Oktogon der Gnadenkapelle aufbewahrt.
Eine weitere Steigerung der Pilgerzahlen brachte dann der Eisenbahnanschluss im Jahr 1897, die Seligsprechung des Kapuzinermönchs Konrad von Parzham 1930 und seine Heiligsprechung im Jahr 1934.
Der erste Papstbesuch fand im Jahr 1782 durch Papst Pius VI. statt. Der Marienverehrer Papst Johannes Paul II. besuchte Altötting am 19. November 1980 und am 11. September 2006 betete Papst Benedikt XVI. in dieser alten Kapelle. Seitdem ziert der Bischofsring von Joseph Kardinal Ratzinger mit einem in Gold gefassten Amethyst das Zepter des Gnadenbildes. Der Papst stammt aus dem nur 16 Kilometer entfernten Marktl.
„Das Herz Bayerns und eines der Herzen Europas“, so nennt Papst em. Benedikt XVI. den Wallfahrtsort Altötting. Seit mehr als 1.250 Jahren ist die Stadt geistliches Zentrum Bayerns, seit mehr als 500 Jahren bedeutendster Marienwallfahrtsort Deutschlands.
Zudem gehört Altötting zu den „Shrines of Europe“, den sieben wichtigsten Marienwallfahrtsorten Europas. Im Kapellenumgang befinden sich heute mehr als 2.000 Votivtafeln, die von der langen Tradition der Wallfahrt nach Altötting künden.
Die gotische Stiftspfarrkirche.
Die zweitürmige Stiftspfarrkirche wurde in der ersten Blütezeit des Wallfahrtsortes zwischen 1499 und 1511 errichtet. An ihrer Stelle gab es mindestens zwei Vorgängerbauten: Hier stand die 876 erbaute Pfalzbasilika und die 1245 geweihte romanische Basilika. Teile aus der romanischen Zeit wurden in das gotische Gotteshaus integriert, darunter das Westwerk mit dem romanischen Portal. Besondere gotische Kunstwerke sind die detailreich geschnitzten Portale an der Nord- und Südseite, das überlebensgroße Kruzifix im Presbyterium und der gotische Kreuzgang mit drei Kapellen. Sehenswert ist außerdem eine Schrankuhr aus der Pestzeit, genannt der „Tod von Eding“.
Der schönste Barocksaal.
Die Entstehung der barocken Kapuzinerkirche St. Magdalena um 1700 ist den Jesuiten zu verdanken. Hier stechen besonders die meisterhaften Stuckaturen, die prachtvollen spätbarocken Seitenaltäre, der Hochaltar aus dem 18. Jahrhundert und der Weihesaal, als der schönste Barockraum Altöttings hervor.
Pilger-, Wander und Radwege.
Während Wallfahrer in kirchlich organisierten größeren Gruppen anreisen, gibt es für Pilger einige reizvolle Wander- und Radwege. Die historischen Wege sind der
- St. Rupert-Pilgerwanderweg von Salzburg durch den Rupertiwinkl nach Altötting,
- Wolfgangweg von Regensburg über Altötting nach St. Wolfgang im Salzkammergut und der
- Jakobsweg Böhmen – Bayern – Tirol.
Neuere Wege sind der Marienweg, der Engfurter Weg, der Kreuzweg von Heiligenstadt und die Radtour auf dem Benediktweg. Ausführliche Informationen: Pilgerwege nach Altötting.
Service Altötting:
Gockerlwirt & PilgerPension DZ ab 65 €.
Anreise ab München Hbf (Holzkirchner Flügelbahnhof) über Mühldorf (Obb.)
Bayern Ticket 29 €, Mitfahrer 7,50 – 10 €.
Fahrradkarte Bayern 6,50 €.Super-Sparpreis ab Frankfurt nach Altötting 2. Klasse ab 23,90 €.
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Tarifstand Juni 2024. Diesen Beitrag auf YouTube ansehen: https://youtu.be/AYmzM661vlI
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