Markt Schwaben – eine alemannische Siedlung in Altbayern
Flüchtlinge aus dem alemannischen Suaben fanden nach der Eroberung ihrer Heimat durch den Frankenkönig Chlodwig um das Jahr 502 n. Chr. Schutz in den vom ostgotischen König Theoderich beherrschten Gebieten östlich des Lechs. Grabfunde mit zwei Schwertern, Schmuck und Scherben belegen eine frühe Siedlung im 7. Jahrhundert auf dem Gebiet von Markt Schwaben. Weitere Siedler folgten nach 736 unter der Herrschaft von Herzog Odilo von Baiern, der aus dem alemannischen Zweig der Agilolfinger stammte. Um 1070 wurden die schwäbischen Welfen Herzöge von Bayern, was weitere Schwaben nach Altbayern brachte.
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Die erste urkundliche Erwähnung von Markt Schwaben.
Eine Urkunde aus dem Jahr 1115 bestätigt die Schenkung einer Mühle bei „Suaben“ an den Abt des Klosters Ebersberg. Bei der damals genannten Mühle handelt es sich wahrscheinlich um die Kressiermühle, an deren Stelle sich heute das Gästehaus Heller befindet.
Mühlen waren damals von großer Bedeutung. Entlang der beiden Quellflüsse der Sempt lagen früher elf Mahl-, eine Loh-, eine Walk- und zwei Sägemühlen, sowie zwei Fischereien. In der Wolfmühle bei Markt Schwaben gibt es heute einen Bioladen mit Café, in der Köppelmühle* eine Fischzucht mit Verkaufsladen.
Die Burg – das spätere Schloss und das heutige Rathaus.
1283 ließ Herzog Ludwig II. (der Strenge) von Oberbayern auf einer leichten Anhöhe die Burg Suaben erbauen, die mit einem Burggraben umgeben wurde und ab diesem Zeitpunkt Sitz der herzoglichen Verwaltung des Gebiets war. Nördlich verlief die Grenze zu Niederbayern. Schon im Jahr 1286 wurde die Burganlage im Bruderzwist mit Heinrich XIII. von Niederbayern zerstört und 1290 wieder neu errichtet und Sitz des Landgerichts Schwaben. Von Rudolf I. wurde Ende des 13. Jahrhunderts Schwaben das Marktrecht verliehen. Weitere Konflikte innerhalb des Hauses Wittelsbach gingen an der Burg nicht schadlos vorbei, ebenso der Dreißigjährige Krieg.
1650 wurde an der Stelle der Burg auf Geheiß von Kurfürst Maximilian I. der Bau eines großen, vierflügeligen Schlosses begonnen und durch dessen Witwe Maria Anna im Jahr 1659 vollendet. Der heute noch stehende Südflügel stammt aus dieser Zeit. Im Westtrakt befanden sich die Ställe. Im Schloss hatten die Pflegbeamten ihre Wohnungen, mussten diese aber räumen, wenn Kurfürst Maximilian für etliche Tage im Jahr zur Jagd mit seinen Gästen und Bediensteten kam.
Der Bergfried der alten Burg wurde erst Anfang des 18. Jahrhunderts abgerissen. An seiner Stelle baute man einen Springbrunnen. In der der Schlosskapelle von Markt Schwaben, die der Heiligen Maria Magdalena geweiht war, wurde 1725 der neugewählte, mächtige Erzbischof und Kurfürst von Köln, Clemens August von Bayern, aus der Hand des Freisinger Fürstbischofs zum Priester geweiht.
Im Jahr 1812 wurde der Sitz des Landgerichts nach Ebersberg verlegt und das in einem schlechten Zustand befindliche Schloss von Schwaben verkauft. Der Nord und Ostflügel, die Kapelle und ein Brückenhaus wurden abgebrochen und die Ziegelsteine vom privaten Besitzer verkauft. Die verbliebenen Gebäudeteile hat später der Brauer Joseph Bonschab gekauft und ausgebaut. 1908 zerstörte ein Feuer den Dachstuhl, der danach im neugotischen Stil mit steilem Satteldach und einem Treppengiebel neu gebaut wurde.
1967 kaufte die Marktgemeinde die Reste des Schlosses Schwaben. Anstelle des maroden Westflügels entstand das Neue Rathaus und in den Südflügel zog nach der Renovierung die Gemeindebücherei ein. [Schloßplatz 1]
Rund um das ehemalige Schloss.
Der Kirchweiher hinter dem Schloss wurde schon für die Burg Schwaben als Löschwasserspeicher und Fischzucht angelegt. Hangquellen auf der Südseite lieferten das Wasser. Früher wurden hier auch von Gerbern Häute gewaschen, es gab Waschbänke und bis 1950 nutzte der ehemalige Postwirt den Weiher, um im Winter Eis für seinen Bierkeller zu gewinnen. Mit dem Bau des Neuen Rathauses schrumpfte der Weiher auf ein Drittel seiner alten Größe. Am Maibaum zwischen Schloss und Pfarrkirche findet alljährlich das Maibaumfest statt.
Die Pfarrkirche von Markt Schwaben.
Die Pfarrkirche St. Margaret entstand zwischen 1671 und 1681 im Barockstil. Als Baumeister wurde der bekannte Schlierseer Georg Zwerger verpflichtet. Die Wahl der heiligen Margareta, der Patronin der Gerichtsbarkeit, als Schutzheilige der Kirche, verweist auf das damals im Schloss Schwaben ansässige Landgericht.
1704 wurde links vom Hochaltar der Rosekranzaltar geschaffen, der in der Kartusche die lateinische Inschrift trägt: „ALTARE PRIVILEGIATUM PRO FRATRIBUS ET SORORIBUS SANCTISSIMI ROSARII“ = „Ein privilegierter Altar für die Brüder und Schwestern des allerheiligsten Rosenkranzes“. Auf der rechten Seite befindet sich der Jungfrauenaltar mit der Heiligen Agathe, Barbara und Katharina aus dem Jahr 1718.
Der Bierbrauer Trappentreu ließ 1723 den Hochaltar mit einem neuen Aufsatz und Tabernakel versehen und reich vergolden. Seit einer Renovierung der Kirche im Jahre 1862 ist das ursprüngliche Bild des Hochaltars verschollen. Es war damals mit dem heutigen Bild aus der Nazarener Schule ausgetauscht worden.
Östlich des Marktplatzes.
Neben der Kirche steht das ehemalige Schulhaus aus dem Jahr 1844, ein zweigeschossiger Satteldachbau mit Putzgliederung von Martin Haydn erbaut im Biedermeierstil. Das Haus wurde 2008 restauriert. [Erdinger Straße 3]
Vom „Wax-Haus“, einem mehr als hundert Jahre alten ländlichen Wohnhaus mit Satteldach, neugotischem Treppengiebel und Flacherker, wurde erst kürzlich die Schauseite zur Erdinger Straße renoviert, während man den Rest des Gebäudes abbrach um neue Wohnungen zu errichten. [Erdinger Straße 9]
100 Meter südlich, am Ende des Pfarrer-Hueber-Wegs, steht der „Welschkramer“. Das Anwesen wurde bereits 1654 erwähnt und nach dem großen Brand von Markt Schwaben im Jahr 1749 mit einem schönen, neuen Giebel im Barockstil versehen. Zwischen 1882 und 1954 befand sich hier eine Kinderbewahranstalt, heute ist es ein Wohn- und Geschäftsgebäude.
Weitere 100 Meter südlich stehen wir vor dem großen Pfarrgarten mit dem quadratischen Pfarrhaus aus dem Jahr 1762. Das ansehnliche Grundstück wurde bereits im Jahr 1444 von der Kirche erworben und heute finden dort auch noch das Pfarrheim und der Kindergarten St. Nikolaus Platz. [Zinngießergasse 37]
Rund um den Marktplatz.
Wir biegen nun von der Zinngießergasse in die lebhafte Ebersberger Straße ab. Nach wenigen Schritten erreichen wir den Marktplatz von Markt Schwaben. Rechter Hand befindet sich das einzige Hotel in der Ortsmitte, der Wandinger Hof mit 28 modernen Zimmer in einem historischen Gebäude. [Marktplatz 20-22]
Um 1600 sind in Markt Schwaben zwei Brauerfamilien belegt. Im Oberbräu die Grueber und im Unterbräu die Trappentreu. Das Oberbräu am Marktplatz 25 ist ein stattliches Gebäude, das aber nach einer Renovierung durch das Entfernen alter Innendecken den Status des Baudenkmals verlor. Statt einem Brauereigasthof gibt es im Gebäude jetzt eine Pizzeria und eine Bäckerei.
Das „Wandlhaus“ gegenüber war im späten 17. Jahrhundert ein Gutshaus und wurde später vom Oberbräu erworben und umgebaut. Auffällig and diesem Gebäude sind die beiden großen Erkertürme mit Zwiebelhauben. Es beherbergte wohl mal eine Weinwirtschaft, heute ist es ein Wohn- und Geschäftshaus. [Marktplatz 3-5]
Westlich des Marktplatzes steht die Haydn-Villa. Namensgeber ist nicht der österreichische Komponist unserer Nationalhymne sondern die Bauunternehmerfamilie Hayd aus Markt-Schwaben. Die Firma besteht mittlerweile seit 8 Generationen.
Die Haydn-Villa ist ein zweistöckiges Gebäude im historisierenden Heimatstil mit Eckerker und Eingangsloggia. Sie wurde von Johann-Baptist Haydn II. im Jahr 1912 erbaut. Er war der Urenkel des Firmengründers. Nach der aufwendigen Renovierung der Villa zog dort u.a. der „Kindergarten im Storchennest“ ein, der Platz für bis zu 70 Kindern bietet. [Habererweg 1]
Wenige Schritte westlich sehen wir eine weitere Villa aus dieser Bauzeit in der Seilergasse 2 (Titelfoto), diesmal mit einem schön, verzierten Risalit. Die grün-weiß gestrichenen Holzelemente im Jugendstil finden wir im Eingangsbereich, am Balkon und im Giebel des Hauses.
Das älteste erhaltene Gebäude von Markt Schwaben ist der ehemalige Gasthof Unterbräu aus dem Jahr 1607. Es wurde 2006 komplett renoviert. Besonderheiten sind der Eckerker und das barocke Portal, sowie der Veranstaltungssaal, in dem bis zu 300 Personen Platz finden und der über eine angeschlossene Küche verfügt. Der Saal kann von Vereinen, aber auch von Privatpersonen bei der Marktgemeinde gebucht werden. [Marktplatz 31]
Östlich des Unterbräus steht am Marktplatz 28 das Gebäude des ehemaligen Hofwirts aus dem Übergang vom 17. ins 18. Jahrhundert. Ab 1855 übernahm der Wirt auch den Poststalldienst und die Wirtschaft trug danach den Namen „Gasthof zur Post“. Heute befinden sich in dem Gebäude ein Blumenladen und ein mexikanisches Restaurant.
Westlich des Unterbräus steht der vierstöckige Wasserturm, der mit seinem Zinnenkranz wie der Turm einer mittelalterlichen Stadtbefestigung daherkommt, aber aus dem Jahr 1905 stammt. Er gehörte ebenso zur Brauerei wie das Gebäude davor, an der Herzog-Ludwig-Straße, gegenüber dem Schloss gelegen. Es stammt aus dem Jahr 1709 und hatte eine Kelleranlage. [Herzog-Ludwig-Straße 5]
Am Bahnhof von Markt Schwaben.
Die Schweiger-Villa in der Bahnhofstraße 28 wurde 1924 nach einem Entwurf des örtlichen Baumeisters Johann Baptist Haydn im Auftrag von Josef Schweiger, einem Mitbesitzer eines Holzwerkes, fertiggestellt. 1997 zog nach umfangreicher Renovierung das Heimatmuseum Markt Schwaben ein. Es zeigt Ausstellungsstücke von der Steinzeit bis zur Gegenwart und zwei maßstabsgetreue Modelle der Burg und des späteren kurfürstlichen Schlosses. Link zum Heimatmuseum.
Am nahen Henningbach gab es bis ins 19. Jahrhundert Hopfenanbau für die örtlichen Brauereien. Mit dem Bau der Bahnstrecke München–Simbach und den Bau der Stichstrecke nach Erding in den Jahren 1871 bis 1872 war für Markt Schwaben ein großer Aufschwung verbunden. Die Postkutsche band von hier aus Anzing und Ebersberg an.
Im Süden von Markt Schwaben.
Die Privatbrauerei Schweiger wurde 1934 von Ludwig Schweiger gegründet. Die Brauerei, Mälzerei und die Gaststätte „Schweiger Brauhau“ liegen an der Ebersberger Straße. Im weiteren Verlauf diese Straße erreichen wir den am 10. Juli 1993 eröffneten Sportpark Markt Schwaben mit einem Badeweiher. Es gibt ein Stadion mit Rasenspielfeld, acht Sprint- und sechs Rundlaufbahnen, eine Tribünenanlage für 1.200 Zuschauer, je ein Rasen- und ein Kunstrasen-Trainingsplatz, ein Allwetterplatz 28 x 44 m mit Erdtribüne und Kugelstoßanlage, eine Übungs- und Gymnastikwiese und ein Beachvolleyballplatz. Für große Veranstaltungen steht ein Kampfrichterturm und ein Verkaufskiosk am Stadion. Darüber hinaus verfügt der Sportpark über eine Tennisanlage mit sechs Plätzen – davon ein Centercourt mit Erdtribüne, ein Tennisübungsplatz und ein Tennis-Clubheim. Rund um den Badesee wurden Liegewiesen angelegt, am Badesteg sind Duschen installiert. Im Winter wird der zugefrorene See zum Schlittschuhlaufen und Eisstockschießen genutzt.
Das Restaurant „Il Lago“ fasst bis zu 220 Personen, es gibt im Haus eine Sportkegelanlage, Umkleiden und Duschen für die Sportplätze, Sportgeräteräume, ein Kraftraum, Sportlehrer- und Schiedsrichterräume, ein Erste-Hilfe-Raum im Erdgeschoss sowie im 1. Stock einen Raum für die Wasserwacht.
* = Südlich des Sportparks liegt die Köppelmühle. Am 22. Mai 1962 kam es hier zum Absturz einer Lockheed Super Constellation. Eine Gedenktafel an der Semptbrücke erinnert an das bislang unaufgeklärte Unglück, bei dem 45 Flugzeuginsassen ums Leben kamen. Um 9:15 Uhr startete das Aufklärungsflugzeug in Frankfurt, flog entlang der tschechoslowakischen Grenze und verlor über dem Landkreis Mühldorf am Inn das Heckteil in 5.000 Metern Höhe. Danach löste sich der hintere Rumpf weiter bis zu den Tragflächen ab, so dass zahlreiche Besatzungsmitglieder aus dem Flugzeug stürzten. Um 11:37 Uhr schlug der Rest der Maschine „in Rückenlage“[auf einem Feld bei der Köppelmühle auf. Nach dem Zerbrechen „regneten“ es angeblich Papiere und Tonbänder über die Region. Am Boden wurde durch den Absturz niemand verletzt. Bereits 20 Minuten nach dem Aufschlag trafen die ersten Militärhubschrauber mit US-Soldaten ein, die das Gelände sicherten und die Toten bargen. Amerikanische Soldaten durchkämmten über Wochen die Gegend nach den Flugzeugteilen und dem, was aus dem Flugzeug gefallen war. Insgesamt sollen mehr als 5000 US-Soldaten und 30 Hubschrauber an der Suchaktion beteiligt gewesen sein.
Service Markt Schwaben:Anreise über München Hbf (Holzkirchner Flügelbahnhof): Bayern-Ticket für 2 Personen ab 42 €.Bahnfahrt Frankfurt – Rosenheim ICE-Supersparpreis 2. Klasse ab 26,99 € / 1. Klasse ab 34,99 €.Wandinger Hof Markt Schwaben – DZ ab 72 €.Andante Hotel Erding**** (15 Minuten mit der S-Bahn nach Markt Schwaben) – DZ bei DERTOUR ab 96 € inkl. Frühstück.
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*Deutschlandticket gültig.
Tarifstand: 1. Halbjahr 2025. Diesen Beitrag auf YouTube sehen: https://youtu.be/tgNzl9eFJaE
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