Neuburg – die Renaissance-Stadt an der Donau
Durch die romantischen Altstadtgassen von Neuburg an der Donau weht ein Hauch Toskana. Entdecken Sie mit mir auf einem Rundgang die Oberstadt mit ihrem südländischen Flair und die Fürstenresidenz aus der Zeit der Renaissance. Im Jahr 1505 war Neuburg Haupt- und Residenzstadt des neu geschaffenen Fürstentums Pfalz-Neuburg geworden.
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Von der Donau in die Oberstadt.
Wir starten unsere Tour in der Unterstadt auf dem zentralen Schrannenplatz, auf dem mittwochs und samstags ein Wochenmarkt und im Advent der Weihnachtsmarkt stattfindet.
Von hier sind es nur ein paar Schritte zum Donaukai. Nun öffnet sich uns ein schöner Blick auf das mächtige Residenzschloss, das auf einem Tuffsteinfelsen oberhalb der Donau steht. Pfalzgraf Ottheinrich aus dem Hause Wittelsbach fand die Inspiration zu seiner neuen Residenzstadt und für den Schlossbau während einer Reise durch Italien.
Von der Donau führen Treppenstufen durch den Hofgarten hinauf in die Oberstadt zum Ottheinrichplatz.
Hier steht das Gebäude des Amtsgerichts, in den Jahren 1720 bis 1730 im Barockstil errichtet. Gegenüber, im ehemaligen Feuerwehrgerätehaus, befindet sich die Tourist-Information, die neben hervorragendem Prospekt- und Kartenmaterial auch gratis Mineralwasser für die Besucher der Stadt bereithält.
Das Renaissance-Schloss.
Wir folgen jetzt der Residenzstraße. Auf der linken Seite hat das Stadttheater im ehemaligen herzoglichen Getreidekasten Quartier bezogen. Der Theatersaal stammt aus der Zeit des Biedermeier um 1868. Rechts ragt der Westflügel des Schlosses empor. Hier befindet sich der Zugang zum Innenhof.
Die erste große Sehenswürdigkeit auf unserem Rundgang ist die Schlosskapelle im Durchgang. Sie wurde 1543 als evangelisch-lutherische Kirche geweiht und ist damit das älteste bestehende protestantische Gotteshaus der Welt. Ein Jahr vor der Weihe führte Pfalzgraf Ottheinrich den Lutherischen Glauben im Fürstentum ein.
Die kunstgeschichtlich bedeutenden Fresken in der Neuburger Schlosskapelle gestaltete der Salzburger Kirchenmaler Hans Bocksberger d. Ä. Sie zeigen Szenen aus dem Alten Testament, die in Bezug zur Reformation stehen. Der Bilderzyklus beginnt mit der Erschaffung Evas und dem Sündenfall, den zehn Plagen, die Ägypten trafen, thematisiert den Ungehorsam des Volkes gegen die zehn Gebote, die Taufe und den Tod Jesu, sowie das Abendmahl und im Deckengemälde die Himmelfahrt Christi.
Bei aller Schönheit finde ich jedoch den Vergleich mit den Gemälden in der Sixtinischen Kapelle, der in einigen Reiseführern angestellt wird, etwas hoch gegriffen. Die Herrschaftsempore in der Schlosskapelle hat einen direkten Zugang zum Appartement Ottheinrichs im Westflügel der Residenz.
Als Pfalzgraf Ottheinrich 1522 zusammen mit seinem Bruder die Herrschaft in Pfalz-Neuburg antrat, war er mit der vorhandenen Bausubstanz aus dem Mittelalter unzufrieden, da sie nicht seinen Ansprüchen einer fürstlichen Hofhaltung an der Schwelle zur Neuzeit entsprach.
In der Folge ließ er ab 1527 die Burg zu einem prächtigen Renaissance-Schloss umgestalten und erweitern. Man begann mit der Ostseite und setzte die Arbeiten ab 1532 mit dem Südflügel fort, in dem die geräumige Küche Platz fand. Weiter ging es mit dem Nordflügel mit zwei Wohnbereichen und einer Badestube. Dazu kam ein Speisesaal
und der Rittersaal im Erdgeschoss, der im Jahr 1575 mit einer schönen Kassettendecke und einer umlaufenden Wandvertäfelungen aus Holz ausgestattet wurde. Beides kann heute noch bewundert werden.
Völlig neu gebaut wurde ab 1537 der „Ottheinrichbau“ mit der Schlosskapelle und dem großen Festsaal im 1. Stock. Dieser Westflügel konnte wegen finanzieller Schwierigkeiten erst in den 1550er-Jahren fertiggestellt werden.
Da Ottheinrich keinen Nachfolger hatte, trat sein Vetter Pfalzgraf Wolfgang von Zweibrücken im Jahr 1557 seine Nachfolge in Neuburg an. Er war ebenfalls ein überzeugter Protestant und ließ seinem geschätzten Vetter am Westflügel ein Denkmal setzen. Dazu ließ er die Hofseite flächendeckend mit aufwändigen Sgraffiti schmücken, die die Geschichte von Joseph, dem gerechten und guten Herrscher erzählt.
Der Innenhof ist an den drei Seiten von doppelstöckigen Arkadengängen aus der Renaissance umschlossen, am Westflügel ist zusätzlich ein Treppenturm angebaut.
Der die Unterstadt überragende Ostflügel wurde 1665 unter Philipp Wilhelm von der Pfalz barockisiert und durch die beiden großen Rundtürme ergänzt. Die Seite zum Innenhof ist dabei schlicht gehalten.
Neuburger Fürsten wirkten als Kurfürsten von der Pfalz in Heidelberg, Düsseldorf und Mannheim. Herzogin Amalie, die Witwe des älteren Bruders von König Max I. Joseph von Bayern, war dann bis zu ihrem Tod im Jahr 1831 die letzte adelige Bewohnerin der Residenz.
Zuvor war das Fürstentum Pfalz-Neuburg schon im Königreich Bayern aufgegangen. Die nach der Säkularisation gegründeten Archive in Dillingen, Kempten und Neuburg wurden im Jahr 1830 im Schloss Neuburg zusammengelegt und blieben dort bis 1989.
Danach wurde der Westflügel mit großem Aufwand renoviert, so dass im Jahr 2005 die Staatsgalerie Neuburg an der Donau einziehen konnte. Sie ist eine Filialgalerie der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen und zeigt 160 Werke der flämischen Barockmalerei in einem großen Saal im 2. Stock und fünf Räumen im 1. Stock des „Ottheinrichbaus“. Die wichtigsten Exponate sind acht Gemälde von Peter Paul Rubens, das Bild „Christus und der Gichtbrüchige“ von Anthonis van Dyck und Werke von Jan Brueghel.
Im barocken Ostflügel sind die Bestände des Schlossmuseum zu besichtigen. Der Historische Verein Neuburg verwaltet seit 180 Jahren die Bestände einer Sammlung,
deren Grundstock die Kaufmannsfamilie Graßegger auf zwei Versteigerungen des Schlossinventars in den Jahren 1800 und 1810 erwarb, darunter kostbare Wandteppiche, die Pfalzgraf Ottheinrich hatte anfertigen lassen.
Sehenswert ist auch eine Gläsersammlung aus der Zeit der Renaissance. Im Erdgeschoss können wir eine Ausstellung über die Geschichte des Fürstentums besuchen und den Stammbaum von Phillip Wilhelm von der Pfalz studieren.
In jedem zweiten Jahr findet im Innenhof ein Schlossfest statt, bei dem Neuburger Bürger historische Kostüme tragen. Steckenreiter tanzen im Schlosshof, es gibt einen prächtigen Festumzug und das Brilliant-Feuerwerk erhellt den abendlichen Himmel über der Donau. Das nächste Schlossfest findet schon in diesem Jahr an zwei Wochenenden statt: 1. Wochenende: Fr. 30.06. – So. 02.07. und das 2. Wochenende: Fr. 07.07. – So. 09.07.2023.
Ein Durchgang im Verbindungstrakt zur Hofkirche führt zu einem viergeschossigen Barockbau. Dieser beherbergt im 3. Stock den hellen, schönen Kongregationssaal, ausgestattet mit Wandgemälden und einer Stuckdecke. Hier finden die Neuburger Barockkonzerte statt. Ein weiter Durchgang führt zu Unteren Tor am Elisenplatz.
Entlang der Amalienstraße.
Wir bleiben in der Oberstadt und folgen der Amalienstraße entlang der Hofkirche. Auf der linken Straßenseite stehen einige schöne Bürgerhäuser, wie das Eckhaus Amalienstraße 61 aus dem 17. Jahrhundert, das breite Haus einer ehemalige Buchdruckerei in der Amalienstraße 60 mit einem Schweifgiebel und das Haus der Familie Graßegger in der Amalienstraße 58 mit einem Treppengiebel, beide Gebäude sind aus dem 16. Jahrhundert.
Auf Höhe des Karlsplatzes steht die 1713 erbaute Fürstenherberge in der Amalienstraße 53, in der von 1837 bis 1992 die Hofapotheke war. Im Keller befindet sich der „Birdland Jazzclub“. Auf der rechten Seite öffnet sich der Blick auf den weiten Karlsplatz, eingefasst von alten Lindenbäumen. In der Mitte steht der Marienbrunnen aus dem 18. Jahrhundert, verziert mit Putti.
An der Ostseite des Platzes befindet sich der Eingang zur Hofkirche, 1607 zunächst als protestantische Kirche im Stil des Manierismus erbaut, aber schon 1613 in die katholische Jesuitenkirche umgewandelt. Die Ausstattung wurde im Rahmen der Gegenreformation geändert. Das Hochaltarbild für die Kirche wurde 1617 von Peter Paul Rubens angefertigt. „Das Große Jüngste Gericht“ befindet sich heute in der Alten Pinakothek in München und ist dort mit einer Höhe von 6,08 und seiner Breite von 4,63 Meter das größte der Ölgemälde. Die Bilder der Seitenaltäre stammen ebenfalls von Rubens und zeigen die „Anbetung der Hirten“ und die „Ausgießung des heiligen Geistes“. Diese Bilder sind im Neuburger Schloss in der Staatsgalerie zu sehen.
An der Längsseite des Karlsplatz steht rechts das Renaissance-Rathaus mit einer großen vorgebauten Freitreppe, erbaut von 1603 bis 1609. Neben dem Eingang stehen die Statuen von Ceres und Justitia in den Nischen.
Gleich daneben steht das Thurn- und Taxishaus, ein Adelspalais im Stil des Spätbarock um 1730 erbaut und an der Fassade reich mit Stuck verziert. Es schließt sich das mächtige Zieglerhaus mit seinem hohen Walmdach an. An seiner Rückseite wurden die Reste der alten Stadtmauer mit einbezogen.
An der Breitseite im Westen des Karlsplatz befindet sich die „Staatlichen Bibliothek Neuburg an der Donau“, die frühere „Provinzialbibliothek“. In dem schönen Bau aus dem Jahr 1732 im Stil des Frührokoko wurde nach der Säkularisation die wertvolle Möblierung der Bibliothek des aufgelösten Reichskloster Kaisheim eingebaut, darunter die an drei Seiten umlaufenden Bücherregale mit einer Empore auf halber Höhe.
An der rechten Straßenseite folgt nach wenigen Metern die Pfarrkirche St. Peter, die ebenfalls an die alte Stadtmauer grenzt. An dieser Stelle stand wohl schon im 7. Jahrhundert ein Gotteshaus, das ab 740 für 64 Jahre Bischofskirche des Bistums Neuburg war. Das Bistum ging im Jahr 804 im Bistum Augsburg auf. Der heutige Kirchenbau entstand zwischen 1641 und 1646.
Rund ums Obere Tor.
Links mündet die kleine Gasse „In der Münz“ in die Amalienstraße. Hier befindet sich die Keimzelle der Stadt mit einer vorgeschichtlichen, dann keltischen und schließlich römischen Wehranlage, dem „Castell Venaxamodurum“. Später stand an dieser Stelle eine mittelalterliche Burg mit Pulverturm und um 1200 die Alte Vogtei. Anfang des 16. Jahrhunderts wurde aus ihr eine Münzprägestätte und Metallwerkstatt, die Alte Münz. Unterhalb ließ Pfalzgraf Ottheinrich im Jahr 1530 das Obere Tor bauen. Durch dieses Tor gelangen wir wieder zurück in die Unterstadt.
Die Donau prägt natürlich auch die Stadt. Der Donauradweg führt durch Neuburg, Bootswanderer kommen vorbei, es gibt ein Freibad mit Donaustrand, ein Winterschwimmen in der Donau im Januar und jeden Mai ein Fischerstechen auf der Donau. Nicht nur das schöne Renaissance-Schloss von Neuburg an der Donau ließ Ottheinrich bauen.
Als er 1556 Kurfürst der Kurpfalz wurde, schuf er den eindrucksvollen „Ottheinrichbau“ im Heidelberger Schloss. Ottheinrich war ein großer Kunstliebhaber und Mäzen: Herausragende Werke der bildenden Kunst, der Malerei, der Musik und der Buchkunst wurden von ihm in Auftrag gegeben. Seine Bibliothek, die „Bibliotheca Palatina“ in Heidelberg, gilt bis heute als eine der bedeutendsten ihrer Zeit.
Service Neuburg an der Donau:
Bahnfahrt: Super-Sparpreis ab Frankfurt 2. Klasse ab 23,90 €, 1. Klasse ab 33,90 €.Bayern Hopper Tagesticket ab 15,30 € .Bayern Ticket ab 27 € .
Gasthof zur Blauem Traube in der Amalienstraße DZ ab 70 €.
Residenz Eintritt 6 €.WC: In der Tourist-Information, in der Residenz, am Bahnhof und am Schrannenplatz.Stadtbus Nr. 4 Bahnhof – Unterstadt (Spitalplatz) Nr. 3 Unterstadt (Hofgarten) – Bahnhof: Fahrpreis pro Strecke 1,50 €.Parkdeck am Hofgarten – Tarif: 1. Stunde 0,50 € (Samstags 3 Stunden frei)Werbung:
Tarifstand: März 2023. Diesen Beitrag auf YouTube ansehen: https://youtu.be/eNlpreTb9gM
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